Ratgeber(bücher) versuchen zumeist, individuelle Erfahrungen in allgemeingültige Rezepte umzuwandeln. Darin liegt auch die Krux. Was für den Ratgebenden eine individuelle Erfahrung war, ist es auch für den Ratnehmenden. Die dazwischenliegende Verallgemeinerung vernichtet häufig den Nutzwert. Jemand hat eine lebensbedrohliche Krankheit gemeistert, indem er u.a. täglich mit Skistöcken wandern ging (und es für sich "Nordic Walking" nannte). Er mutmaßt nun, dass Nordic Walking diese Krankheit heilen würde, gießt die Erfahrungen in Pläne, Rezepte und pseudophilosophische Abhandlungen, mischt ein paar ergoogelte Infos darunter - und fertig ist der Ratgeber. Von zehn Lesern probieren nun vier das Nordic Walking aus, aber eher halbherzig, zwei Leser bleiben ungeheilt, die beiden anderen genesen - möglicherweise aber aufgrund der Medikation -, und die anderen sechs legen das Buch beiseite. Immerhin aber hat der Ratgeberautor nicht nur die Krankheit bewältigt, sondern auch noch zehn Bücher verkauft. Dass Sport dabei helfen kann, den Körper zu stärken, weiß jeder - dafür braucht man keinen (speziellen) Ratgeber.
Ein Ratschlag impliziert, dass der Raterteilende mehr über die Situation des Ratsuchenden weiß als dieser selbst. Diese Prämisse stimmt aber nur höchst selten. Trotzdem verkaufen sich Ratgeberbücher wie geschnitten Brot, weil sie das Gewissen beruhigen. Es hat m.E. etwas mit Aberglauben zu tun: Vielleicht hilft es schon, wenn ich das Buch nur besitze.
Ich besitze exakt vier Ratgeberbücher. "Richtig jonglieren" (eine Übung ausprobiert und furios gescheitert), "Besser Billard spielen" (Anfängerzeug, war ein Geschenk), "Selbst Bier brauen" (einmal versucht, schmeckte nach Sirup mit dem Aroma lange getragener Socken) und "Vier Seiten für ein Halleluja" (Rezensionsexemplar). Ich bin kein Freund davon, dass mir andere zu erzählen versuchen, wie mein Leben besser werden könnte - sie kennen mich nicht. Das gilt allgemein und auch im Spezialfall. Ich habe viele Schreibratgeber quergelesen, und in vielen stehen Dinge, die im Prinzip stimmen. Würde man aber alle darin enthaltenen Ratschläge befolgen, würde man nur noch totale Grütze schreiben.