• Hallo 42er,


    jetzt möchte ich mich auch vorstellen. Ursprünglich habe ich mit Kopien und Gemälden als Auftragskünstler mein Geld verdient. Danach bin ich nicht in die Politik gegangen, ich lebe und arbeite stattdessen als freier Webdesigner in Kiel. Außer einem - literarisch natürlich belanglosen - Fachbuch und Fachartikeln habe ich noch nichts veröffentlicht, was hier der Rede wert wäre. Nach den ersten Versuchen eines Romans (Werner Höfer moderierte damals eine Polit-Soap) sitze ich seit 4 Wochen an einer endgültigen Fassung, in der ich nun meine Erlebnisse aus dem graumelierten Kunstbereich verwursten kann. Best case der Fertigstellung wäre ein Jahr, worst case zur Abdankung von Frank Elstner aus dem Fernsehen (2039).


    Ich lese artig und begeistert mit und freue mich auf einen regen Gedankenaustausch.


    Herzliche Grüße
    Nils

  • worst case zur Abdankung von Frank Elstner aus dem Fernsehen (2039)


    :D


    Hey Mr. Pookerman,


    welcome to the Club. Zuerst hatte ich "Auftragskiller" gelesen, was bestimmt auch keine schlechte Ausgangsbasis wäre, aber wir nehmen auch "Auftragskünstler".


    Herzliche Grüße und viel Spaß hier


    Jochen

  • Hallo hier, Pookerman. Insidergeschichten aus der Kunstszene? Immer her damit. Mag ich bestimmt.
    Bin eine glühende Anhängerin sozialer Plastik...auch wenn ich wenig Tupperware im Schrank habe...dafür genug Tassen...äh...ich bin besser still jetzt...habe viel Spaß hier, hoffe du auch. Und Info natürlich.


    Grüße aus'm Pott
    Stefanie

    [buch]3866855109[/buch]


    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

  • Vielen Dank an alle für den tollen Empfang :)


    @Saskia: es gibt meine uralte Webseite mit Beispielen von 1993-2000.


    Ulli: nette Seite und ideal zum Weiterleiten (Mahnstufe 2). Besonders schön das Bannerbild: Demnach ist nicht nur bei Ratten PST als Todesursache verbreitet (plötzlicher Schaufeltod).


    Karen: klasse, eine Kielerin! :)


    @JochenAlexander: stimmt, die Branche wäre weitaus interessanter gewesen. Gestorben wird ja immer.

  • Ja, ich bin auch begeistert. Ich habe vor zehn Jahren einmal ein Bildnis von Otto Dix kopiert (das mit Heinrich George) und habe Monate dafür gebraucht. Dann wollte ich mich mit jemandem unterhalten, der Eiöltempera oder klassische Mischtechnik malt, konnte aber niemanden auftreiben. Außer das Buch von Max Dörner. Es gibt m.W. nur noch sehr wenige Kunstmaler, die diese altmeisterlichen Lasurtechniken noch beherrschen. Großes Tennis. Kompliment.

  • Moinsen, Nils,


    das ist ja mal eine amüsante Vorstellung, die Du geliefert hast. Herzlich willkommen im Forum sagt eine Ex-Kielerin.


    Jochen: Mist. Hättest Du mit Deinem Verleser doch Recht gehabt. Dann hätte ich jetzt eine zuverlässige Quelle für meinen nächsten Krimi ;)

  • @ JochenAlexander: Otto Dix hat nicht altmeisterlich gemalt. Er hat nur eine von Dörner fälschlicherweise als altmeisterliche klassifizierte Technik angewendet. Das wissen aber nur die wenigsten. Ein Beispiel dafür, dass ein eingeschlagener Weg mit erwünschtem Ziel zwar die Bestätigung einer Hypothese bedeuten kann, aber noch lange nicht der Wahrheit entsprechen muss ;-)


    Von den Niederländern bis zu Rembrandt hat kein Maler diese Technik verwendet.


    Interessiert das jemanden?



    Öl ist zäh und selbst mit feinsten Haarpinsel gibt es keine Möglichkeit, feinste Linien zu ziehen. Das wiederum geht zwar mit Wasserfarbe, aber Wasser und Öl verbinden sich bekanntlich nicht. Maltechniker und Künstler haben sich immer gefragt, auf welche Weise Dürer & Co. die feinsten Haare in den Ölbildern geschaffen haben. Dieses Wissen ging durch den Zusammenbruch der Zünfte und den dort nur an die Gesellen weitergegebenen, gut gehüteten Techniken verloren. Auch der Maltechniker Max Dörner experimentierte mit verschiedenen Bindemitteln, Zusätzen und Rezepten. Bekannt war, dass die Künstler vor dem Siegeszug der Ölfarbe ihre Bilder mit Eitempera malten. Das Farbpulver wurde mit Ei vermischt und mit Wasser verdünnt, die Farbschicht trocknete wasserunlöslich auf. Man nennt diese Farbe Eitempera. Eine Tradition, die bis in die ersten nachchristlichen Jahrhunderte zurückreichte, noch heute praktizieren das die orthodoxen Ikonenmaler in der Nachfolge Ostbyzanz.
    Bekannt war schon immer, dass mit einem Ei Wasser und Öl zusammengebracht werden kann, das kennen wir alle von der Herstellung einer Mayonaise oder vom Kuchen backen. Grund ist hier ein so genannter Emulgator im Ei (Lecithin). Dörner zog nun in den 1920er Jahren einen intelligenten Rückschluss: Eitempera mit Wasser verdünnen und damit direkt in die Ölfarbe malen. Das Wasser wird durch den Eianteil nur leicht vom Öl zusammengezogen, dass die mit einem Rotmarderhaarpinsel gezogenen feinsten Linien rekonstruiert werden konnten. Die Ergebnisse schienen ihm Recht zu geben. Otto Dix suchte genau diese altmeisterliche Wirkung und verwendete diese von Dörner "wiederentdeckte" Technik.


    Dörners raffinierte und elegante Lösung hatte aber mit der tatsächlichen Praxis oder einem Geheimwissen der alten Meister nichts zu tun. Die Lösung war viel profaner, ohne geheime Rezeptur, ohne wasserlösliche Eitempera und ohne unbekannte Zutaten: Die alten Meister zogen einfach eine kleine Feder durch die noch frische Ölfarbe. :)


    Im 19. Jahrhundert dachte man übrigens, dass Ölfarbe den damals hippen braun-speckigen Galerieton am besten mit Mumie erreicht. Genau, dooode Ägypter, die man im Mörser verkleinerte und in die Ölfarbe gibt. Es gab tatsächlich den gewünschten Galerieton in den Salons. Leider bestanden die Reste der nahöstlichen Jungens und Mädels nur noch aus Asphalt, das sich innerhalb weniger Jahrzehnte durch alle Schichten der Ölfarbe frisst und langsam zerstört, ohne Möglichkeit, diesen Prozess aufzuhalten. Der Maler Hans von Marées hat reichlich Gebrauch von Mumie gemacht, auf sein Konto gehen vermutlich ganze Familien inklusive diverser Schwippschwager aus Kairo. Die Bilder sind nicht nur unrestaurierbar (achja, ich habe Restaurierung gelernt, Mumiensarkophage bis moderne Kunst), sie sind nur noch Ruinen. In hundert Jahren ist nichts mehr auf den Bildern zusehen zu sehen, nur noch eine braune Asphaltschicht. Die Mumie verdeckt sozusagen am Ende jedes Motiv. Das weiß aber keiner ("Guckma, Schatz, diese interessanten Rissbildungen"). Wahrscheinlich hat Oscar Wilde die Bilder des Herrn von Marées gesehen, als er die Idee zu Dorian Gray hatte. Ende der 70er Jahre konnte man in einem Pariser Farbenhändler noch letzte Gläser mit Mumie kaufen. Ich kam zu spät, wäre eine 1A-Deko fürs Atelier geworden.




    Grüße
    Nils