Wikileaks seit gestern abend offline

  • Zitat

    Original von Manuela K.
    "In Schweden", schreibt Assange-Anwalt Catlin, "riskiert man mindestens zwei Jahre Haft wegen Vergewaltigung, wenn man beim einvernehmlichen Sex kein Kondom benutzt." (...)


    :evil


    da fehlt ein "n" manuela ;)

  • Hallo Tom,


    ich freue mich, dass wir bei der Analyse der Missstände die gleiche Meinung haben. Wobei ich die von Dir zitierten Quatschgesetze gar nicht meine, sondern z.B. die Hilflosigkeit, der Finanzindustrie Einhalt zu gebieten, die weitergehende Umverteilung von unten nach oben (z.B. Gesundheitsreform), die Unfähigkeit, das Energiemonopol zu zerschlagen, den "Atomkompromiss", die geschürte Terrorismusparanoia, die Lüge, unser durch die Soldaten in Afghanistan stabiler zu machen uv.m.



    Zitat


    Es geht auch nicht darum, die Untaten der demokratisch gewählten gegen diejenigen der Tyrannen aufzurechnen. Sondern darum, beide eben nicht auf eine Ebene zu hieven. Und genau das erreicht WikiLeaks.


    Verstehe ich nicht, s.u.


    Zitat


    Aber diese Umkehr kann man m.M.n. nicht dadurch erreichen, dass man destabilisiert. Der Status Quo ist sowieso fragil, wie die letzten Jahre deutlich gezeigt haben - die Welt ist ein Kartenhaus. Wenn man aber ein System demontiert, ohne Ersatz anbieten zu können, erreicht man bestenfalls Anarchie, schlimmstenfalls Krieg. Und die Verflechtungen sind viel zu vielschichtig, um einfach einen groben Schnitt ansetzen zu können. Die Kollateralschäden wären in diesem Fall exorbitant. Zudem kann es sich kaum eine Nation leisten, im Alleingang auszuscheren. Vor allem aber geschähe es auf Kosten der eigenen Bevölkerung.


    Es geht mir ja nicht darum, die Demokratie abzuschaffen, sondern sie wieder einzurichten (bzw. so zu erneuern, dass die Korruption schlechtere Karten hat). Also das Volk soweit zu mobilisieren, dass sich die Politiker ändern oder eben abgewählt werden.


    Als einzelnes Land aus dem globalen Wirtschaftssystem auszusteigen, geht freilich kaum noch. Da können eher die Verbraucher etwas ändern, aber dazu müsste man sie massenhaft mobilisieren, z.B. hauptsächlich einheimische Biolebensmittel zu kaufen. Gleichzeitig muss sich da auch auf der Angebotsseite etwas tun, damit das ökonomische Argument der Preise nicht mehr so stark wiegt.


    Zitat


    Mich hat, ehrlich gesagt, keine einzige der WikiLeaks-Enthüllungen wirklich überrascht. Ich bin ohnehin schon lange davon ausgegangen, dass es genau so und nicht anders funktioniert, im Großen wie im Kleinen.


    Weil Du überdurchschnittlich informiert und interessiert bist. Aber das ist die Masse natürlich nicht; und durch die Veröffentlichungen entstehen vielleicht die richtigen Debatten, sodass es viel. viel mehren bewusst wird.


    Zitat


    Und es funktioniert, weil es so funktioniert. Millionen Ehemänner gehen täglich in den Puff, und es ist gut möglich, dass genau diese Tatsache bewirkt, dass viele Ehen immer noch halten. Wenn die ganzen Bordelle ihre Kundenlisten veröffentlichen würden, gäbe es ein Chaos, und es ist sehr unwahrscheinlich, dass dieses Chaos reinigend wirken würde.


    Einen ähnlich kruden Vergleich hat gestern die CDU-Pfeife Peter Altmaier auf 3Sat gebracht ;-). Es geht darum, was die Leute im Amt tun, und was möglicherweise drastisch von dem abweicht, was sie in der Öffentlichkeit aufsagen.


    Wenn dieser Saudiführer öffentlich dem Volk nach dem Mund redet und Irans irren Präsidenten lobt, sich hintenrum aber dafür einsetzt, dass die USA ihn beseitigt, ist das durchaus eine Information, an der es ein öffentliches Interesse gibt. Demokratisch wäre, wenn er das offen sagte und sich damit zur Wahl stellte.


    Zitat


    Moralisches Verhalten ist das eine, und das Tagesgeschäft, das Überleben in unserer Welt ist das andere. Die Wahrheit macht das Leben nicht notwendigerweise besser, und auf keinen Fall einfacher.


    Das steckt wieder dieses tausendfach missbrauchte Argument drin: Die Welt ist schlecht, also bin ich es auch, um nicht unterzugehen.


    Einerseits haben wir die Anführer, die zu uns passen (z.B. Merkel bundesweit, Mappus in Baden-Württemberg, Orosz in Dresden), andererseits wird von den Politikern Vorbildfunktion erwarten. Im Zweifel sollte man wahrscheinlich auf beiden Seiten ansetzen.


    Private Sünden aber, da gebe ich Dir natürlich Recht, obliegen dem Datenschutz. Interessant aber, dass viele Politiker den aushöhlen, während sie Zeter und Mordio schreien, wenn es darum geht, ihr eigenes Treiben zu veröffentlichen.


    Viele Grüße,
    Michael

  • Zitat

    Original von Manuela K.


    Was macht ihn denn so außerordentlich?


    good looks ;)


    stimmt alles, was du schreibst, manuela. das ist die alte geschichte von der pest und der cholera oder?


    eins ist aber anders gewesen *find* - er hat die schwachen und armen mobilisieren können. ohne sie, wäre er nicht präsident geworden. und er ist ihnen etwas schuldig. das weiß er und ich wette, er würde es ihnen gerne mit taten zurückgeben. ihm sind aber die hände gebunden. faule kompromisse - mehr steht nicht in seiner macht. aber ohne ihn, würde sich gar nix bewegen hin zum guten. um das mal verkürzt zu formulieren ;)

  • Zitat

    Original von Michael H


    Es geht mir ja nicht darum, die Demokratie abzuschaffen, sondern sie wieder einzurichten


    und das ist glaube ich auch der kernpunkt, warum die nichtwähler inzwischen den größten zuwachs aller parteien ;) haben. frust! alle reden von demokratie und keine regierung lebt sie. das ist auch ohne wikileaks kein geheimnis mehr.

  • Doppelt. [SIZE=7](Dass mir das auch mal passieren würde)...[/SIZE]

    “Life presents us with enough fucked up opportunities to be evaluated, graded, and all the rest. Don’t do that in your hobby. Don’t attach your self worth to that shit. Michael Seguin

    Einmal editiert, zuletzt von Marvin ()

  • Wikileaks hat (nach eigenen Angaben) große Mengen brisanter Informationen gesammelt.
    Was macht alle Welt so sicher, dass es sich bei diesen Leuten (nur die wenigsten dieser "Vorkämpfer für freie Information" sind schließlich namentlich bekannt) um Gutmenschen mit den besten Absichten und ohne Privatinteressen handelt? Das "Wiki" im Namen? Die alte "Wir hier unten gegen die da oben"-Nummer?


    Wer darf bestimmen, welche Dokumente wann in die Öffentlichkeit gehen?


    (Zitat von der Wikileas-Seite "As the media organisation has grown and developed, WikiLeaks been developing and improving a harm minimisation procedure. We do not censor our news, but from time to time we may remove or significantly delay the publication of some identifying details from original documents to protect life and limb of innocent people. ")


    Sehr freundlich, dankeschön...
    Mir sind diese Daten-Anarchisten, die sich diffus auf Hacker-Ethik berufen nicht transparent genug.
    Tut mir leid, ich kann in die allgemeinen "Hurra"-Rufe nicht einstimmen, und ich sehe auch nicht, wie auf diese Weise eine gerechtere Welt entstehen könnte.

    “Life presents us with enough fucked up opportunities to be evaluated, graded, and all the rest. Don’t do that in your hobby. Don’t attach your self worth to that shit. Michael Seguin

  • Hallo Marvin,


    hihi, natürlich verfolgen alle bestimmte Interessen, aber genauso natürlich liegt es am einzelnen, was er für Schlüsse aus Informationen zieht, wenn sie erst einmal vorliegen.


    Und Gegenfrage: Wer darf bestimmen, was geheim ist oder wie lange es das dann bleiben soll. Im Falle des deutschen Justizmordes an Joseph Oppenheimer, hingerichtet am 4. Februar 1738, blieben die Akten bis 1918 selbst Wissenschaftlern im Wesentlichen verschlossen.


    Liebe Grüße
    Judith

    Nay, thy lordship, me ain't no thief, not even a smart one - Piper Quickfingers



    Der Tokee in Die rote Kammer [buch]393991407X[/buch]

  • Immerhin entwickelt sich die ganze Angelegenheit jetzt zu einem filmreifen Krimi. Nachdem Mastercard den Account für Spenden an WikiLeaks aus vermeintlich fadenscheinigen Gründen gesperrt hat, haben WikiLeads-Anhänger die Sites von Mastercard (für den Ku-Klux-Klan darf man dort übrigens spenden), Visa und einigen Banken lahmgelegt. 8-)

  • Zitat

    Original von Tom
    Nachdem Mastercard den Account für Spenden an WikiLeaks aus vermeintlich fadenscheinigen Gründen gesperrt hat, haben WikiLeads-Anhänger die Sites von Mastercard (für den Ku-Klux-Klan darf man dort übrigens spenden), Visa und einigen Banken lahmgelegt.


    Habe ich auch bei der Süddeutsche Online gelesen.


    Der Vergewaltigungsvorwurf an Assange ist übrigens auch interessant, er lautet nämlich dahingehend, dass er zweimal ohne Einwiligung der jeweiligen Dame kein Kondom verwendet habe. Das ist nur in Schweden eine Straftat. Die eine Dame muss eine Geheimdienstnutte sein; der Fachausdruck ist mir nun schon wieder entfallen.

  • Zitat

    Die eine Dame muss eine Geheimdienstnutte sein; der Fachausdruck ist mir nun schon wieder entfallen.


    Mmmh. Mal überlegen.


    Spionaddel
    Prostatagentin
    Call-Bondgirl


    Stimmt alles nicht, oder?


  • Honey trap!


    So werden in amerikanischen und britischen Filmen Frauen genannt, die im Auftrag von Geheimdiensten die (meist männlichen) Agenten der Gegenseite verführen und ausschalten.


    Eigentlich ein schöner Ausdruck.

  • Zitat

    Original von Tom
    Es geht auch nicht darum, die Untaten der demokratisch gewählten gegen diejenigen der Tyrannen aufzurechnen. Sondern darum, beide eben nicht auf eine Ebene zu hieven. Und genau das erreicht WikiLeaks.


    Das versteh ich nicht. Kannst Du das erklären / weiter ausführen?



    Zitat

    Original von Tom
    Mich hat, ehrlich gesagt, keine einzige der WikiLeaks-Enthüllungen wirklich überrascht. Ich bin ohnehin schon lange davon ausgegangen, dass es genau so und nicht anders funktioniert, im Großen wie im Kleinen. Und es funktioniert, weil es so funktioniert. Millionen Ehemänner gehen täglich in den Puff, und es ist gut möglich, dass genau diese Tatsache bewirkt, dass viele Ehen immer noch halten. Wenn die ganzen Bordelle ihre Kundenlisten veröffentlichen würden, gäbe es ein Chaos, und es ist sehr unwahrscheinlich, dass dieses Chaos reinigend wirken würde. Und zwar ganz unabhängig davon, ob die Millionen Ehefrauen längst geahnt haben, dass der Gatte für Geld pimpert oder nicht. Verstehst Du, was ich meine? Moralisches Verhalten ist das eine, und das Tagesgeschäft, das Überleben in unserer Welt ist das andere. Die Wahrheit macht das Leben nicht notwendigerweise besser, und auf keinen Fall einfacher.


    "Wenn die ganzen Bordelle ihre Kundenlisten veröffentlichen würden, gäbe es ein Chaos, und es ist sehr unwahrscheinlich, dass dieses Chaos reinigend wirken würde."


    Zu deiner Anregung wegen den Pufflisten: Woher weisst Du das?


    Eine weise Dame sagte: Reality is the best cure - Realität ist die beste Kur.


    Das ist sicher - es würde zu einer Auseinandersetzung führen, mit dem was ist. Es *könnte* besser sein als das unter-den-Teppich-kehren, dem Du (vielleicht unbewusst) das Wort redest.


    Ich kann auch keine fertige Lösungen liefern, aber das eigentliche Thema ist.. (Sch.. warum kann ich hier nicht weiterschreiben?

  • Ich fahre hier weiter:
    Ich kann auch keine fertige Lösungen liefern, aber das eigentliche Thema ist (wie es von einigen Beiträgen angetönt worden ist):


    - (Internet-)Enthüllungsjournalismus ist äusserst wichtig für das Funktionieren von Demokratie, und so mag Wikileaks dazu führen, dass die Regierenden (hoffentlich, vielleicht... -Gewünschtes ankreuzen) weniger mauscheln und etwas ehrlicher werden.


    - der andere Pol ist der Schutz der Privatsphäre, und der ist in meinen Augen sehr hoch anzusetzen.


    Solange Wikileaks mauschelnde Regierungsgremien enthüllt, finde ich das gut.


    Und da sollte man nicht die Angst vor der Verletzung der Privatsphäre in dieser Diskussion um Wikileaks noch dazu mischen.


    Masaya

  • Zitat

    Original von Michael H



    Verstehe ich nicht, s.u.


    Ich bitte auch um Erläuterung.


    Zitat


    Moralisches Verhalten ist das eine, und das Tagesgeschäft, das Überleben in unserer Welt ist das andere. Die Wahrheit macht das Leben nicht notwendigerweise besser, und auf keinen Fall einfacher.


    Das steckt wieder dieses tausendfach missbrauchte Argument drin: Die Welt ist schlecht, also bin ich es auch, um nicht unterzugehen.
    [/quote]


    Sehr gute Antwort!



    Zitat


    Private Sünden aber, da gebe ich Dir natürlich Recht, obliegen dem Datenschutz. Interessant aber, dass viele Politiker den aushöhlen, während sie Zeter und Mordio schreien, wenn es darum geht, ihr eigenes Treiben zu veröffentlichen.


    Auch das ein guter Punkt, den es zu verfolgen gilt,


    Eigentlich geht es bei dieser Diskussion darum, dass *wir* Klarheit in unseren Köpfen bekommen. Was Journalismus darf und soll.


    liebe Grüsse


    Michael