Ein abendliches Hallo in die fröhliche Runde!

  • Ich glaub, man kann da alles auf das Gratis-Argument reduzieren. Sobald man was direkt fürs Ausbilden der Schreibe zahlt, ist erhöhtes Misstrauen angebracht.


    Meine direkten Schreiblernausgaben belaufen sich auf runde 10 Euro. Das war das Buch "Deutsch für Profis" von Wolf Schneider. Und die waren gut angelegt, da hab ich ne Kleinigkeit gelernt, rein sprachlich. "Wie man einen verdammt guten Roman schreibt" von irgendso nem Hansel hab ich geschenkt bekommen, nur überflogen, nicht empfehlenswert. Insgesamt als zwei frühe naive Sünden abzuhaken - und obsolet, als ich dann hier landete.


    So, genug Weisheiten von mir. Wir sind uns ja eh einig, dass man das Schreiben durch fette Übung lernt, und dass man's nie richtig kann, nur immer besser.


    Amen. ;)


    Gruß ...


    Jo

  • Die Frage, ob man lernen kann, ein Autor, Schriftsteller oder Dichter zu werden, wurde schon von vielen gestellt. Auf der einen Seite muss man das bejahen, denn man ist nie schon etwas sondern muss es immer erst werden. Auf der anderen Seite wird aber ständig und stetig und immer wiederkehrend behauptet, dass dies in diesem Fall nur autodidaktisch geht. Hermann Hesse beschrieb das besonders schön in seinem »Kurzgefassten Lebenslauf«:


    Zitat

    Die Sache war so: von meinem dreizehnten Jahr an war mir das eine klar, daß ich entweder ein Dichter oder gar nichts werden wolle. Zu dieser Klarheit kam aber allmahlich eine andre, peinliche Einsicht. Man konnte Lehrer, Pfarrer, Arzt, Handwerker, Kaufmann, Postbeamter werden, auch Musiker, auch Maler oder Architekt, zu allen Berufen der Welt gab es einen Weg, gab es Vorbedingungen, gab es eine Schule, einen Unterricht fur den Anfanger. Bloß fur den Dichter gab es das nicht! Es war erlaubt und galt sogar fur eine Ehre, ein Dichter zu sein: das heißt als Dichter erfolgreich und bekannt zu sein, meistens war man leider dann schon tot. Ein Dichter zu werden aber, das war unmoglich, es werden zu wollen, war eine Lacherlichkeit und Schande, wie ich sehr bald erfuhr.


    Und es gab und gibt Versuche, diese Situation zu entspannen. So bietet etwa das "Deutsche Literaturinstitut Leipzig" einen Studiengang für werdende Schriftsteller an. An der Bundesakademie für kulturelle Bildung werden ebenfalls seit Jahrzehnten seriöse Angebote für »lernende Autoren« angeboten. Diese zwei Beispiele müssen hier reichen, es gibt noch mehr, allerdings ist das Angebot auf diesem Niveau nur dünn gesät.


    Insgesamt gesehen ist das Angebot aber mager. Kommerzielle Anbieter wie jene Hamburger Akademie, die das ebenfalls seit Jahrzehnten betreibt (und die nicht mit den Fernlehrgängen DKZ-Verlagen nahestehender Organisationen verwechselt werden darf) sind dabei ebenso zu nennen wie zahlreiche Buchpublikationen, die den angehenden Dichtern von verschiedensten Seiten her Unterstützung offerieren. Otto Schumann versuchte bereits vor gut 60 Jahren in einem Rundumschlag alle Gebiete der Schriftstellerei abzudecken:


    ASIN/ISBN: 3933203287


    und das fiel damals viel seriöser aus, als all die "So werde ich schnell ein Erfolgsautor"-Ratgeber. Heute ist es natürlich hoffnungslos veraltet.


    Es ist natürlich wahr, dass keine Schule und kein Ratgeber in der Lage sind, jemand zu dem zu machen, was er gerne sein möchte. Das schafft auch keine Musikakademie, wenn der oder diejenige nicht neben etwas Talent auch den Willen und die Bereitschaft, an sich und seinen Fähigkeiten zu arbeiten mit sich bringt. Andererseits ist es natürlich auch eine große Ignoranz, zu behaupten, dass all dies nicht nötig ist und man nur von alleine zu einem großen Künstler werden kann. Diejenigen, die das wurden sind dünn gesät und wenn man genauer hinschaut, dann war es selbst da nicht so einfach.


    Horst-Dieter


    PS: Auf ein kleines altes, aber brauchbares Buch habe ich an anderer Stelle hier im Forum schon vor längerem hingewiesen.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Natürlich kann man das Handwerkszeug lernen. Aber kein Lehrgang der Welt kann einen zu einem Lyriker machen. Und dieses Diplom, das man am Ende dieses Lehrgangs ausgestellt bekommt, ist genauso aussagekräftig, als wenn ich das auf ein Stück Klopapier schreibe. Denn wie viele Teilnehmer sind bei diesem Lehrgang denn schon durchgefallen? Ohne es nachgeprüft zu haben, kann ich guten Gewissens behaupten, dass das kein Einziger war. Also könnte ich diese Zertifikate auch ausstellen. Also, falls jemand Interesse daran hat, ein Zertifikat zu erwerben, das ihn als ausgebildeten Lyriker ausweist, dann bitte PN an mich, ich bleibe auch weit unter 1300 Euro.


    Ich finde es ja nichtmal schlimm, an solchen Lehrgängen teilzunehmen, sofern man denn viel Geld übrig hat, why not, immer noch besser, als es zu verbrennen. Aber diese „Studiengänge“ suggerieren den Teilnehmern, dass sie nun irgendwas – was eigentlich? – sind. Und das hat schon etwas nicht so ganz seriöses, wie ich meine. Dann steht man, als ambitionierter Teilnehmer am Ende dieses Lehrgangs mit seinem hübschen Zertifikat da und hält sich für einen Lyriker.


    Also ich weiß nicht, ob das so die feine Art ist, den Leuten 1300 Euro abzuknöpfen, damit sie sich dann für etwas halten, das sie nicht sind. Diese Teilnehmer irgendsolcher Fernlehrgänge sind auch ganz oft die, die sich auf ihrer HP ganz stolz mit BoD-Veröffentlichungen schmücken. Und man kanns ihnen nicht mal übel nehmen, denn ihnen wurde ja eingeredet, dass sie nun Lyriker oder Schriftsteller sind. Und sie haben ja auch fett dafür in die Tasche gegriffen.

  • Zitat

    Original von Sim
    … Und dieses Diplom, das man am Ende dieses Lehrgangs ausgestellt bekommt, ….


    Das mit den Diplomen ist natürlich so eine Sache. Die werden überbewertet nicht nur im Kreativen Bereich. Und unter den Schreibkursen blühen da ja interessante Blüten. So kann man zum Beispiel seit einiger Zeit einen Zertifikatskurs zum Biographen machen.


    Trotzdem!


    Ich meine, dass die Diskussion über solche Diplome und Zertifikate (die Bundesakademie stellt Teilnahmebestätigungen aus, was m.E. angemessen ist) am eigentlichen Thema vorbeiführt: Wie kann die/der angehende Autor/in das Handwerkszeug auf einigermaßen seriöse Weise lernen, wenn das Selbststudium alleine nicht ausreichend erscheint. Und ich meine, dass alle, die sich auf letzteres als einzigen Weg behaupten, unberücksichtigt lassen, dass die Menschen nicht gleich sind, was sich schon bei den unterschiedlichen Lerntypen feststellen lässt.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann