Perspektivwechsel

  • Hallo, ich hätt' noch mal eine Frage...
    Nehmen wir mal an, ich habe zwei auktoriale Figuren in einem Roman. In Kapitel 1 tritt die erste Figur auf - aus ihrer Sicht wird die Szene erzählt.
    In Kapitel tritt die zweite Figur auf usw.
    In Kapitel 3 treffen sich die beiden. Ist es nun eine schriftstellerische Todsünde, hier in der Perspektive hin und her zu wechseln oder muss ich mich in Szenen, in denen beide Figuren auftreten, auf die Perspektive einer Figur - sagen wir, des Hauptprotagonisten -, beschränken?
    (Beide sind Hauptfiguren)

  • Zitat

    Original von Volker C.
    Ist es nun eine schriftstellerische Todsünde, hier in der Perspektive hin und her zu wechseln )


    Sagen wir mal so: Ich würde es nicht machen. Aber gehen geht alles ;)

  • Hast du denn nicht bereits die auktoriale Erzählform gewählt?
    Also bist du mit dem "Erzähler" doch fein raus und kannst wechseln wohin du willst...durchaus gängig, wenn es auch vielen als veraltet gilt.
    Habs aber in z.B. historischen Romanen schon vielfach gelesen und auch genossen...
    Und was hab ich noch gelernt: Alte Formen sind interessant, wenn neu erfunden!


    Was genau willst du denn damit bezwecken: Hinarbeiten auf einen Showdown?
    :colts


    Würde mich fragen:
    Ist es wichtig, sich mit jeder der Figuren zu identifizieren?
    Ist es aus dramaturgischer Sicht notwendig?


    Noch mehr können dir hier besser andere dazu sagen...aber vielleicht ist das schon mal eine erste Anregung?


    Nu gehe ich in die Küche und werde mir während einstündigem Partygeschirrspülens mal weiter überlegen, wie ich einen Roman in eine Kurzgeschichte umdenken kann...will doch noch beim Litaward mitmachen...
    Gesegnet sei die defekte Spülmaschine...es denkt sich/mich gut mit den Händen im warmen Wasser.
    Mal sehen, ob ich mit Schwimmhäuten in den Fingern dann auch alles eintippen kann...


    Schönen Tag wünscht
    Stefanie

    [buch]3866855109[/buch]


    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

  • Zitat

    Original von lametta


    Nu gehe ich in die Küche und werde mir während einstündigem Partygeschirrspülens mal weiter überlegen, wie ich einen Roman in eine Kurzgeschichte umdenken kann...will doch noch beim Litaward mitmachen...

    Stefanie


    Roman in Kurzgeschichte umdenken? Das hört sich an wie: die Geliebte/den Geliebten für einen Quickie missbrauchen, bevor man weiterzieht.


    Ist das nicht Ressourcenverschwendung?


    Besser ist es doch bestimmt, eine neue Kurzgeschichte auszudenken. Zum Beispiel beim Geschirrspülen?


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Wie schön, dass es immer bimmelt, wenn eine mail kommt.*hände abtrockne*


    Hast schon Recht, deshalb muss ich auch so viel darüber nachdenken. Aber meine Romanidee passt so gut zum Thema des Wettbewerbes...
    und eine lange Beziehung führe ich ja schon im realen Leben...deshalb ist nicht so viel Zeit für den Roman, bei dem der ganze Plot schon durchdacht ist, der aber noch zeitraubend mit Leben gefüllt werden muss...also lieber mal einen "Quickie" einschieben...einen literarischen versteht sich...

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    Einmal editiert, zuletzt von lametta ()

  • Zitat

    Hast du denn nicht bereits die auktoriale Erzählform gewählt?


    @lametta:
    Nein, habe ich nicht. Es gibt zwei Figuren, in deren Kopf der Leser schauen kann und nicht mehr. Das ist ein großer Unterschied zur auktorialen Erzählweise.



    Zitat

    Sagen wir mal so: Ich würde es nicht machen.


    christianf: Sondern Du würdest was machen?

  • Zitat

    Original von Volker C.


    @lametta:
    Nein, habe ich nicht. Es gibt zwei Figuren, in deren Kopf der Leser schauen kann und nicht mehr. Das ist ein großer Unterschied zur auktorialen Erzählweise.


    Dann stimmt dein Eingangsposting nicht. Auktoriale Figuren gibt es eigentlich nicht. Es gibt den auktorialen Erzähler, die Erzählerstimme, die dem Leser vorgaukelt, dass sie sozusagen über den Personen steht und in alle Romanbeteiligten mal mehr, mal weniger hineinblicken lässt.


    Was du hast, sind zwei personale Erzählstimmen: Protag A und Protag B. Kommt durchaus öfters in der Literatur vor. Wenn das funktionieren soll - und oft genug tut es das nicht! - dann muss für jeden Protag eine überzeugende, sich vom anderen Protag unterscheidende Erzählerstimme gewählt werden. Wenn du das kannst, dann spricht nichts dagegen, dass du das machst.


    Horst-Dieter

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    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    Original von Volker C.


    christianf: Sondern Du würdest was machen?


    Ich hatte vergessen, das "ich" hervorzuheben.


    Es hängt immer davon ab, was zu erzählen willst, ab er das Hin- und Herspringen zwischen den Köpfen ist ein bisschen riskant, weil es, wenn es nicht gekonnt ist, anfängerhaft wirkt. Deswegen achte ich darauf, mich in einem Kapitel auf eine Perspektive zu beschränke.


    Aber spricht ja nichts dagegen, das alternierende Erzählen aus zwei Perspektiven mal zu versuchen und zu schauen, ob es funktioniert.


    Zitat

    Original von Horst Dieter
    Was du hast, sind zwei personale Erzählstimmen: Protag A und Protag B. Kommt durchaus öfters in der Literatur vor. Wenn das funktionieren soll - und oft genug tut es das nicht! - dann muss für jeden Protag eine überzeugende, sich vom anderen Protag unterscheidende Erzählerstimme gewählt werden


    Und je schneller die Wechsel zwischen Protag A und Protag B aufeinander folgen, um so wichtiger wird es, sie klar unterscheidbar zu machen.

  • Zitat

    Original von lametta


    Nu gehe ich in die Küche und werde mir während einstündigem Partygeschirrspülens mal weiter überlegen, wie ich einen Roman in eine Kurzgeschichte umdenken kann...will doch noch beim Litaward mitmachen...


    Verfluchte Hacke, ich leb nicht mehr im Ruhrgebiet, da würde ich auch mitmachen wollen.


    Ansonsten versteh ich die Frage nicht - auktorial ist doch die Erzählerstimme (im Hintergrund - der allwissende Erzähler). Du meinst personal, oder?


    Ich habe zwei Romane mit einer Kollegin zusammen geschrieben, zwei Figuren, jeder in der Ich-Perspektive. Klappte gut.


    LG


    Ulli

  • Zitat

    Dann stimmt dein Eingangsposting nicht. Auktoriale Figuren gibt es eigentlich nicht. Es gibt den auktorialen Erzähler, die Erzählerstimme, die dem Leser vorgaukelt, dass sie sozusagen über den Personen steht und in alle Romanbeteiligten mal mehr, mal weniger hineinblicken lässt.


    OK. einigen wir uns auf zwei Erzählerstimmen - das Wort auktorial mag ich sowieso nicht, ich muss jedes Mal hinschauen, ob ich das auch richtig geschrieben habe ;-)
    Ich schau jetzt mal in ein paar Romanen, die ich auswendig kann, nach, wie's der Autor da gemacht hat.

  • Perspektivwechsel?


    Hm, Tolkien hats gemacht und ich fands Scheiße. Dennoch mochte ich seine Bücher.


    Generell gilt: Ja, es ist ein Fehler. Aber Fehler müssen gemacht werden, sonst lernt man nix. Probiers doch einfach mal aus. Du musst die Geschichte ja keinem zeigen. Wenn du nach einiger Zeir merkst, dass es schlecht ist, dann lass es in Zukunft doch einfach sein.

  • Hallo Horst-Dieter,
    hallo ihr Lieben,


    Bin ebenso verwirrt wie du, Horst-Dieter. Wie kann ein einfaches Stilmittel gleich zum generellen Fehler mutieren?


    Personales Erzählen, dass sich nicht auf die Innenansicht einer Figur konzentrieren will, kann ja kaum anders arbeiten, aber selbst wenn es sich um eine Figur handelt, dass zeigt schon Ron Kovic, was für ein starkes Stilmittel der Perspektivwechsel innerhalb einer Figur (in dem Fall zwischen personalem und Ich-Erzähler) sein kann, einfach, weil man kaum besser mit Distanzen zu spielen vermag.


    Liebe Grüße
    Judith

    Nay, thy lordship, me ain't no thief, not even a smart one - Piper Quickfingers



    Der Tokee in Die rote Kammer [buch]393991407X[/buch]

  • OK, ich habs auch in ernsthaften Texten gemacht. Aber irgendwie wurde es mir meistens ... angekreidet ... Ich dachte auch nicht, dass es ein Fehler wäre.


    Viele Leute merken vielleicht nicht beim Lesen nicht, dass sich die Perspektive geändert hat, und sind dann verwirrt. :)


    Oder bei Pornofilmen: Da wäre ein Perspektivwechsel ein ... ziemlicher Fehler.

  • Hallo!
    Also, um das noch mal zu erklären: Ich stecke in der Überarbeitung meines neuen Romans. Ich gehe da ziemlich systematisch vor, unter anderem überprüfe ich die Perspektive innerhalb jeder Szene. Nun war mir in einer Szene eben aufgefallen, dass ich (ohne drüber nachzudenken) hier zwischen den Figuren einmal gewechselt hatte. Da ich aber gelernt habe, dass man so was nicht, oder nur wenn's zwingend notwendig ist, macht, wollte ich das umschreiben. Da ich dem Leser von Anfang erlaubt hatte, in beide Figuren hineinzuschauen, dachte ich zuerst, es wäre in Ordnung, aber ich wurde halt unsicher. Irgendwie hatte ich aus einem meiner Lieblingsbücher im Kopf, dass der Autor die Perspektive innerhalb einer Szene gewechselt hatte.
    Ich habe noch mal nachgeschaut und siehe da, er hat nicht! Er läßt zwar mal den einen Protagonisten, mal den anderen erzählen, aber niemals innerhalb eines Kapitels oder einer Szene zugleich. Er wechselt also schon die Perspektive, um z.B. eine Szene aus einer bestimmten Sicht zu schreiben, aber dann zieht er das auch durch bis zum nächsten Kapitel.
    Ich hab's jetzt geändert und es ist wesentlich besser so.
    Ob das ein Fehler ist? Keine Ahnung, aber man sollte sich nicht zu weit von den allgemeinen Regeln entfernen, denn die werden schon ihren Sinn haben.

  • Hallo Volker,
    hallo ihr Lieben


    Zitat

    Original von Volker C.
    Hallo!


    Ob das ein Fehler ist? Keine Ahnung, aber man sollte sich nicht zu weit von den allgemeinen Regeln entfernen, denn die werden schon ihren Sinn haben.


    LOL, ein definitives Jein. Ja, natürlich haben die Regeln ihren sind. Und nein, sie gelten eben nicht überall und jederzeit. Es ist in der Tat heute üblich innerhalb einer Struktureinheit bei einer Erzählstimme zu bleiben und der Sinn besteht darin, die Leser nicht wie auf dem Tennisplatz ständig den Blickwinkel änder zu lassen, aber es gibt durchaus Stellen, wo ein solcher "regelwidriger>" Wechsel innerhalb der Einheit funktioniert. Ian Banks macht das des öfteren und es stört nie. Was daran liegt, dass die Leser immer wissen, wo sie gerade sind und Banks das nur dort tut, wo es absolut notwendig ist, entweder um eine komische Entspannung zu erzielen, oder eine neue Sichtweise auf die Ereignisse zu ermöglichen.


    Wie du selbst sagst, hat deine Szene durch die Bereinigung gewonnen, nicht verloren: Der beste Indiz dafür, dass der Perspektivwechsel nicht nötig war.


    Liebe Grüße
    Judith

    Nay, thy lordship, me ain't no thief, not even a smart one - Piper Quickfingers



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