Das 1. Kapitel

  • Hallo,


    Dass man ein Manuskript mehrmals überarbeitet, dürfte allgemein bekannt sein. Dabei stoße ich immer wieder auf folgende Besonderheit: Das 1. Kapitel, speziell die ersten Seiten, haben es in sich. Seltsamerweise schreibe ich den Anfang eines Romans im Verhältnis zum Rest auffallend oft - manchmal komplett -um und ich drehe jeden Satz tausendmal um. Ob das damit zusammenhängt, dass man zu Beginn mit der Geschichte und den Figuren noch nicht so richtig warm ist? Oder steckt dahinter vielleicht die Absicht, den Anfang besonders gut hinzukriegen? Vielleicht schludert man ja dann immer mehr zum Schluss hin.
    Mich würde mal interessieren, ob Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt:

  • Hallo Volker,


    ich verstehe deine Frage nicht wirklich. Meinst du, ob man besonders am Anfang eines manuskripts feilt oder ob man in eine Überarbeitungsspirale fällt, die niemals ein Ende nimmt?


    Der Anfang ist das Wichtigste an einer Geschichte. Folgerichtig ist, dass du damit besonders zufrieden sein musst. Das mit dem Überarbeitungsteufelskreis wäre dann ein Charakterfehler ganz in der Erbfolge von Musil, also in guter Erbfolge, möchte man meinen. An Sätzen rumschleifen, das ist doch unser Beruf und es sollte meistens Spaß machen, im Idealfall wird der Text dabei besser...



    LG Matthias,
    der die Frage immer noch nicht versteht und stolz ist, trotzdem geantwortet zu haben.

  • Hallo Mathias


    Ich will's mal anders ausdrücken: Nehmen wir an, ich brauche fünf Durchgänge, bis ich mit einem Manuskript zufrieden bin. Auf das 1. Kapitel verwende ich in der Regel wesentlich mehr Zeit als auf den Rest, weil's mir einfach immer noch nicht gefällt. und das ist jedes Mal so. Ich wollte eigentlich nur mal wissen, ob Euch das ähnlich geht.

  • Zitat

    Original von Volker C.
    Auf das 1. Kapitel verwende ich in der Regel wesentlich mehr Zeit als auf den Rest, weil's mir einfach immer noch nicht gefällt. und das ist jedes Mal so. Ich wollte eigentlich nur mal wissen, ob Euch das ähnlich geht.



    also- meist in der Mitte des MS schreibe ich das 1. Kapitel um, neu, was auch immer, es verändert sich. Es macht mir Spaß und bin jedes Mal erstaunt, wie auf einmal diese Veränderungen den weiteren Ablauf klären. Und die x- Wortüberprüfung, die logische Abfolge im Hinblick bis auf das MS Ende, wenn sie dann stimmt, erzeugt einen kleinen Moment, der da heißt: Glück.
    :)Monika

  • Hi Volker,


    also bei mir nicht. Es kann passieren, dass das erste Kapitel nicht das erste Kapitel bleibt, aber ich schreibe es nicht öfter um, als die anderen Teile.


    LG Matthias


    PS: Ich habe gerade herausgefunden, warum dein Foto in meinem Langzeitgedächtnis mit einem Gruselamulett verknüpft ist. Bin ich auch verknüpft?

  • hallo volker,


    bei mir ist es so, dass ich mit dem romananfang ausprobiere, ob duktus, perspektive etc. stimmen. das stelle ich dann als BT hier zur diskussion. erst wenn sich rausstellt, dass es funktioniert, mache ich weiter. kann sein, dass das ergebnis "nein" lautet, und dann ändere ich den anfang, bis stil etc. gefunden snd, so dass es sich weiterzuschreiben lohnt.


    viele grüße,
    michael

  • Hallo


    Vielen Dank für die vielen Antworten. Ich sehe, ich stehe da gar nicht so alleine.


    Monika

    Zitat

    lso- meist in der Mitte des MS schreibe ich das 1. Kapitel um, neu, was auch immer, es verändert sich. Es macht mir Spaß und bin jedes Mal erstaunt, wie auf einmal diese Veränderungen den weiteren Ablauf klären. Und die x- Wortüberprüfung, die logische Abfolge im Hinblick bis auf das MS Ende, wenn sie dann stimmt, erzeugt einen kleinen Moment, der da heißt: Glück.


    Ja, so ähnlich meinte ich das...


    @ Mathias


    Zitat

    PS: Ich habe gerade herausgefunden, warum dein Foto in meinem Langzeitgedächtnis mit einem Gruselamulett verknüpft ist. Bin ich auch verknüpft?


    Das habe ich jetzt nicht ganz verstanden...
    Ich vermute mal, Du beziehst Dich da auf meinen ersten Roman "Schattenjagd" - da ging es u.a. um Amulette.

  • Hallo Volker,


    ich bin nun nicht gerade der Überarbeitungstyp, aber es ist eigentlich logisch, dass man das 1. Kapitel am häufigsten umschreibt. Man ist ja noch nicht drin im Text. Und ich denke, jeder hat es schon erlebt, dass sich die Handlung oder Figuren anders entwickeln, als man es ursprünglich geplant hat. Da muss man dann natürlich eventuell den Anfang angleichen, wenn er nicht mehr passt.


    Oft ändert sich aber auch nur die Stimme oder die Stimmlage, aber auch da muss man zurückgehen und prüfen, ob der Anfang noch passt.


    Gruß,
    Karen

  • Hallo,


    ja, das kenne ich ganz besonders. Oft weil es darum geht, einen Spannungsbogen zu bauen und die Leute zum Weiterlesen zu bewegen.
    Ich bearbeite meinen Anfang ziemlich oft. Genau genommen jeden zweiten Tag an dem ich schreibe.


    Grüße
    Anna

  • Zitat

    Original von Sheranyah
    Hallo,


    ja, das kenne ich ganz besonders. Oft weil es darum geht, einen Spannungsbogen zu bauen und die Leute zum Weiterlesen zu bewegen.
    Ich bearbeite meinen Anfang ziemlich oft. Genau genommen jeden zweiten Tag an dem ich schreibe.


    Grüße
    Anna


    Huhu.


    Wer bist du denn? Stell dich doch mal vor... bin gerade über deinen Namen regelrecht gestolpert.


    Das Vestibül wäre dazu vielleicht ein Ort???


    Ich schreibe übrigens seit Jahren den gleichen Anfang für jedes Buch. Nicht lachen, das ist so .. dann komm ich in den Schreibfluß, ins Geschehen, und kann locker, flockig weitermachen.
    Hat bisher immer funktioniert. Bei jedem Roman. Und ich musste das nachher nur streichen und konnte den tatsächlichen Anfang stehen lassen.


    Christine stand vor dem großen Spiegel in ihrem Schlafzimmer und drehte sich von der eine Seite zur anderen. In dem Kleid wirkte sie fremd, sie wirkte nicht nur fremd ... blablabla ... Das Wimmern holte Aylana aus dem Schlaf. War es die Ziege, die kurz vor dem Werfen stand? Müde wickelte Aylana den Schal um sich, schlüpfte in die Holzpantinen und ging zum Stall. Die Winter im Dunkelwald waren lang und bis zum Morgengrauen konnte es noch ...


    Es funktioniert bei mir ... ich hätte jetzt glatt weiterschreiben können, aber das Buch muss noch warten.



    LG


    Ulli

  • Das 1. Kapitel überarbeite ich auch nicht öfter als den rest, das sind mehr einzelne Szenen, an denen ich besonders intensiv feile. Aber vom Kapitel sind die nicht abhängig. Ich schreibe halt erstmal runter und überarbeite dann.

  • Ich feile auch am ersten Kapitel mehr herum als am Rest.
    Das hat damit zu tun, dass ich einfach irgendwomit anfangen MUSS, sonst komme ich gar nicht in den Text hinein. Aber die Geschichte und vor allem die Figuren gewinnen im Laufe des Schreibens immer mehr Konturen, und die müssen nachher angepasst werden.


    Liebe Grüße
    Anja

  • Zitat

    Original von Anja
    Ich feile auch am ersten Kapitel mehr herum als am Rest.
    Das hat damit zu tun, dass ich einfach irgendwomit anfangen MUSS, sonst komme ich gar nicht in den Text hinein. Aber die Geschichte und vor allem die Figuren gewinnen im Laufe des Schreibens immer mehr Konturen, und die müssen nachher angepasst werden.


    Liebe Grüße
    Anja



    So geht es mir auch. Aber auch wenn ich die Figuren anschließend anpasse, umformuliere, streiche - mit meinen Anfängen bin ich immer unzufrieden. Natürlich nicht gerade gut, wenn man die ersten 30 Seiten als Leseprobe schicken muss :(


    Den Tipp von Ulli finde ich klasse. Ich glaube, das werde ich auch einmal ausprobieren.


    Cordula G.

    "Man muss immer noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können." Nietzsche

  • Hi Volker


    Ich kenne das Problem mit dem 1. Kapitel (auch) nicht. Das hat einen einfachen Grund, ich setzte davor oft einen Prolog, der sich irgendwann während des Schreibens heraus kristallisiert und als Appetithäppchen fungiert.


    Beim Überarbeiten wird daher dem 1. Kapitel nicht mehr, oder besser gesagt, die gleiche Aufmerksamkeit zu Teil, wie den anderen Sequenzen.


    Gruss
    Margot