Don Camillo und Peppone - ein kleiner Reisebericht

  • Als großer Freund der "Don Camillo und Peppone"-Filme mit Fernandel und Gino Cervi aus den 50ern, wollte ich irgendwann einmal nach Brescello, um mir mit eigenen Augen die "kleine Welt" der beiden streitbaren Protagonisten anzusehen. Dieser Tage war es dann soweit. Nach dem verlorenen EM-Finale noch kurz aufs Ohr gelegt, um dann am Montagmorgen gegen halbfünf mit dem Auto Richtung Italien, um das kleine Dorf in der Po-Ebene zu besuchen.


    Nach rund 15 Stunden mit dem Auto, u. a. über den sehr kühlen Bernina-Pass und den wunderschönen Lago d'Iseo ging es Richtung Brescia und von dort am Po entlang nach Brescello.
    Die Kleinstadt ist mit rund 5000 Einwohnern auch heute noch eher ein Dorf und bietet außer einem archäologischen Museum, einem einzigen Hotel vor Ort und eben den Don Camillo-Schauplätzen nichts, was Standard-Italien-Touristik entsprechen dürfte. Hier spricht jeder Italienisch, keiner Deutsch. Außer einem Cafe Peppone gibt es ein Cafe Don Camillo, zwei Pizzerias und eine Botega. Dann habe ich noch ein einziges Polizeiauto entdeckt und zwei Polizisten, die Papiere vom Rathaus zur Polizeistation getragen haben. Ansonsten gibt es viel viel, sehr viel also, pures italienisches Lebensgefühl. Wenn sich nach geschätzten 40 Grad Mittagshitze am späten Nachmittag die schattigen Sitzplätze der Cafes mit gegerbt aussehenden, älteren Italienern füllen und Kaffeetassen oder Wassergläser auf den Tischdecken Ränder hinterlassen, und man alle Zeit der Welt zu genießen scheint, dann sind die alten Don Camillo-Filme in der Luft greifbar.


    Das Museum hat neben vielen Filmbildern und Plakaten auch jede Menge Requisiten aus den liebenswerten Streifen zu bieten. Der Knüppel und das halbautomatische Gewehr Don Camillos fehlt ebenso wenig, wie das Motorrad Peppones oder die von seiner Partei gespendete Glocke. Sogar die zwei alten, in einer grandiosen Filmsequenz in Szene gesetzten Fahrräder der beiden Streithähne fehlen nicht.


    Zu den weiteren Originalschauplätzen gehört dann noch die Bahnstation Brescellos, die Madonna del Borghetto, das Rathaus und natürlich die sehr hübsche Kirche, in der man in einer kleinen Seitenkapelle das Original-Filmkreuz ausgestellt hat.


    Alles in allem hat sich für mich als Filmfreund dieser dreitägige Trip mehr als gelohnt. Neben der erdrückenden Hitze habe ich viele Eindrücke und ein paar schöne Filmbilder mit der Wirklichkeit in Einklang bringen können. Leuten, die mit den Don Camillo-Filmen nichts anfangen können, sei von der weiten Reise nach Brescello allerdings abgeraten. Mehr als den Filmbezug hat diese winzige Gemeinde wirklich nicht zu bieten.


    Hier noch eine ganz kleine Fotoauswahl:



    Am Ortseingang



    Blick vom Rathaus auf die Kirche



    Typisch italienische Fassade



    Brescellos Todesanzeigen neben Frischfleischwerbung, hat was!



    Die von Peppones Kommunisten gespendete Glocke



    Die Bahnstation von der aus Don Camillo in die Verbannung geschickt wurde, ist immer noch in Betrieb



    Gruss,


    Bernd

    "Der erfolgreiche Abschluss infamer Aktionen steigert Ihren Bekanntheitsgrad, was für Ihren Feldzug zur absoluten Weltherrschaft unglaublich wichtig ist." (aus dem Benutzerhandbuch des PC-Spiels Evil Genius)

  • Hallo Bernd,


    Klasse Bericht, der allerdings Fragen offen lässt. Ist der Panzer auch zu sehen? Kann man dort immer noch Rizinusöl in den großen Flaschen kaufen? Und wer ist der Typ in der Mitte (auf dem ersten Foto)? Ich kann mich an den gar nicht erinnern? In welchem der Filme kam der vor?


    Neugierige Grüße


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    Original von Horst Dieter
    Ist der Panzer auch zu sehen?



    Um allerdings der Wahrheit die Ehre zu geben, ist dieses zwar der Panzer, der als "Original" vor dem Museum ausgestellt wird, aber in Wahrheit ein ein paar Jahre später angekauftes Stück aus dem Koreakrieg ist, da das originale Original nicht mehr aufzutreiben war.


    Zitat


    Kann man dort immer noch Rizinusöl in den großen Flaschen kaufen?


    Es gibt in Brescello eine Farmacia, die Dir bestimmt auch eine große Flasche davon verkaufen würde, wenn Du darauf bestehst. Ich befürchte jedoch, dass Du damit renitente 42er gefügig machen wolltest, wie einst Don Camillo seine Schäflein.


    Zitat


    Und wer ist der Typ in der Mitte (auf dem ersten Foto)? Ich kann mich an den gar nicht erinnern? In welchem der Filme kam der vor?


    Das ist natürlich Don Bernardo. Der kam im bisher nie gezeigten Pilotfilm "Don Bernardo und die wilde 42" vor, in dem ein kleiner Schriftsteller verzweifelt versucht einen Roman fertigzuschreiben, dabei aber immer wieder durch Reisen nach Italien, Portugal und andere Widrigkeiten aufgehalten wird.


    Gruss,


    Bernd

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  • Zitat

    Original von Michael Höfler
    hallo bernd,


    die filme habe ich auch noch in sehr guter erinnerung. kannst du den schauplatz nicht für ein prosaprojekt brauchen?


    viele grüße,
    michael


    Michael, ich glaube, dass gerade diesen Schauplatz Giovanni Guareschi bereits unübertreffbar für ein wundervolles Prosaprojekt genutzt hat. Alles, was ich daraus machen könnte, wäre sicherlich nicht mal ansatzweise in die Nähe davon zu rücken.


    Gruss,


    Bernd

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  • Und wie ging es aus? Vermutlich hat Don Camillo den in den Glockenturm gesperrt und mit einem Tischbein gedroht, ihn zu verprügeln, wenn er rauskäme, ohne den Roman fertig zu haben.


    Andächtige Grüße


    Horst-Dieter

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    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    Original von Bernd
    Michael, ich glaube, dass gerade diesen Schauplatz Giovanni Guareschi bereits unübertreffbar für ein wundervolles Prosaprojekt genutzt hat. Alles, was ich daraus machen könnte, wäre sicherlich nicht mal ansatzweise in die Nähe davon zu rücken.


    diese erwartung hätte doch auch niemand, denn der schauplatz hat aus post-guareschi-perspektive eine ganz andere bedeutung: als ort, der nichts bieten kann außer der vermarktung dieser tollen roman- und filmfiguren. ein aussteiger auf wanderschaft, dessen job es ist, reliquien wie den falschen panzer zu putzen. oder so ...

  • Zitat

    Original von Michael Höfler
    … ein aussteiger auf wanderschaft, dessen job es ist, reliquien wie den falschen panzer zu putzen. oder so ...


    Das ist ein Michael Höfler-Plot!


    Ein Bernd Diel Plot sähe so aus, dass der Aussteiger den Panzer klaut und damit Richtung Rom zuckelt, gewillt, den auch einzusetzen.


    Horst-Dieter

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    Emanuel von Bodmann


  • Und hier die Horst-Dieter-Edition des Plots: ;)


    Es war einmal ein Panzer im kleinen italienischen Dorf Brescello, der war ganz unglücklich in seinem Dasein als ausgediente Filmrequisite. Da sagte er eines Tages zu einem vorbeiziehenden Aussteiger: "Du hast es so viel besser als ich, siehst etwas von der Welt und kannst mal hier, mal dahin wandern."
    Der Aussteiger, gewandet in eine abgeschnittene Tarnfleckhose, antwortete dem Panzer: "Ach, was hätte ich darum gegeben, so wie Du tagein tagaus in der italienischen Sonne zu baden, statt mit Deinesgleichen durch die Welt zu fahren, um angeblich für Frieden zu sorgen."




    Gruss,


    Bernd

    "Der erfolgreiche Abschluss infamer Aktionen steigert Ihren Bekanntheitsgrad, was für Ihren Feldzug zur absoluten Weltherrschaft unglaublich wichtig ist." (aus dem Benutzerhandbuch des PC-Spiels Evil Genius)

  • Ich habe heute meinen generösen Tag, Horst-Dieter. Du darfst sogar das Panzerfoto dazu nutzen. :D


    Gruss,


    Bernd

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  • Meine Herren, :strauss - Bernd, Michael und Horst Dieter -


    ich kann dem Betrachten der Fotos und der äußerst unterhaltsamen Lektüre des Fadens nichts hinzufügen außer, dass ich hier gern geschaut, gelesen und mich aufgehalten habe.


    Abendgrüße
    Gerda

  • Vielen Dank für den Reisebericht.
    Längst vergessen, aber durch den Bericht sofort vor dem geistigem Auge.
    Aus einem christlichem Haushalt stammend, war das immer eine schwierige Mission, diese Filme zu sehen.
    Ging nur wenn der Vater nicht da war.
    So hat dieser Bericht mehrere Assoziationen geweckt,
    Gruß Amos