Walter Scott: Ivanhoe -oder- Meine Annäherung an die Gattung "Historischer Roman"

  • ASIN/ISBN: 0140436588


    Ivanhoe war 1819 das, was man heute einen Bestseller nennen
    würde. Die Startauflage lag bei 6000, wurde schnell auf 8000
    erhöht. Für damalige Verhältnisse war das ein Erfolg. Heute kann man
    über solche Zahlen nur noch lächeln: Littells SS-Roman ist vor
    kurzem alleine in Deutschland mit 120 000 Stück
    gestartet. Beiundruckender ist die Nachhaltigkeit, mit der dieser
    Roman zusammen mit den anderen Werken Walter Scotts über fast zwei
    Jahrhunderte gewirkt hat. Zwar sind die Zeiten, in denen Scott ein
    moderner und beliebter Autor war, längst vorbei. Aber seine Stoffe
    sind längst in die Filmgeschichte eingegangen und haben in allen
    möglichen medialen Ausprägungen Generationen beeinflusst.


    Als Neuerscheinung aber hätte eine solches Buch heute keine Chance
    mehr. Viel zu langatmig sind die Beschreibungen, zu dialoglastig die
    Szenen, zu gering die Erzählgeschwindigkeit. Scotts Stil ist schon
    zu seinen Lebzeiten von manchen als trocken empfunden worden. Für
    den heutigen Leser ist seine von Shakespeare beeinflusste, geradezu
    theatralische und überladene Erzählweise nur noch altmodische
    Ausdrucksform einer vergangenen Epoche, der wir uns schon lange
    nicht mehr zugehörig fühlen.


    Ivanhoe ist also ein Klassiker, der Staub angesetzt hat. Wer sich
    dennoch die Lektüre zumutet, muss einen doppelten Zeitsprung machen:
    Erst ins angehende neunzehnten Jahrhundert (den Entstehungszeitraum
    des Buches), und dann noch einmal mehr als sechshundert Jahre bis
    ins Jahr 1194, wo die Handlung spielt. Dort findet der Leser dann
    genau das vor, was heute der klassischen Klischeevorstellung des
    Mittelalters entspricht: Schöne Prinzessinnen, Ritterturniere,
    Burgen und Burgerstürmungen. Ein Ritter-Roman reinsten Wassers, und
    keineswegs der erste seiner Sorte. Ritter-Romane waren auch damals
    nichts Neues, sondern hatten eine lange Tradition. Schon der Don
    Cervantes' Quichotte (veröffentlicht 1605 bis 1615) ist eine Parodie
    auf diese Gattung.

    Für mich war die Lektüre ein Versuch, mich dem heute wieder so
    überaus erfolgreichen Genre des "historischen Romans" zu
    nähern. Walter Scott gilt als einer der Stammväter dieser
    literarischen Gattung. Was fasziniert viele Leser am Glanz
    vergangener Epochen?


    Meine Vermutung ist, dass es hier um die Faszination geht, die darin
    liegt, Vergangenes wiederaufleben zu lassen, sinnlich fassbar zu
    machen. Gute historische Romane zeichnen sich deshalb durch
    geschichtliche Genauigkeit und Detailliebe aus. Der Erzählstil ist
    plastischen und zielt auf Realismus ab. Der Leser soll das Gefühl
    bekommen, das er auf eine Zeitreise mitgenommen wird. Er soll und
    will sich in das vermeintliche Lebensgefühl einer noch nicht von
    Technik und Industrialisierung entfremdeten geschichtlichen Periode
    zurückversetzen. Die dargebotenen Schicksale sind unmittelbarer, die
    Gefühle einfacher und direkter. Der problematische Hintergrund einer
    nur teilweise verstandenen, sich ständig verändernden Gegenwart wird
    durch die klarere, harmlosere Objektivität eines historischen
    Kulisse ersetzt.


    Scott verfügte über die historischen Kenntnisse, um auf diesem
    Gebiet wegweisend zu sein. Sein Ivanhoe ist, obwohl mühsam zu lesen,
    ein schillerndes, lebendiges Werk von sprachlicher Kraft. Die
    Geschichte der englischen Sprache war Scotts Steckenpferd,
    und er ist deshalb in der Lage, seine Figuren englische Vokabeln
    benutzen, die dem zwölften Jahrhundert entsprechen und schon für
    die Leser seiner Zeit teilweise unbekannt waren. Für einen deutschen
    Leser ist deshalb die Lektüre im Original eine Herausforderung.


    Der Roman ist kein Schwarz-Weiß-Gemälde. Gut und Böse sind nicht so
    klar getrennt, wie es zunächst scheint. Zwei schöne Frauen werden
    umworben, eine Jüdin und eine sächsische Adlige. Diese Handlung ist
    in eine Epoche gelegt, in dem der Konflikt zwischen Sachsen und
    Normannen in England zugunsten der Normannen entschieden war und
    sich eine Vermischung beider Völker andeutete. Auch auf der
    sprachlichen Ebene entwickelt sich aus dem sächsischen und
    normannischen das moderne Englische, worauf Scott explizit eingeht.


    Ein hochrangiger Angehöriger des Templerordens hat es auf die schöne
    Tochter eines jüdischen Kaufmanns abgesehen. Gleichzeitig ist ein
    normannischer Ritter in eine sächsische Schönheit vernarrt. Die
    Damen werden entführt und in einer Burg gefangen gehalten. Es kommt
    zum Kampf, das Gute siegt. Die Schar der Retter wird verstärkt durch
    durch einen gewissen Robin von Locksley und sein "vogelfreien"
    Freunde. Den kennen wir heute besser als Robin Hood und wissen
    spätestens jetzt, das wir in der Jugendliteratur angekommen sind.


    Bemerkenswert ist, dass gerade die Anziehungskraft zwischen
    Angehörigen unterschiedlicher Volksstämme die Handlung
    vorantreibt. Der Titelheld Ivanhoe spielt dagegen eine
    untergeordnete Rolle. Er bleibt eine blasse Figur, der schöne Held
    ohne Ecken und Kanten. Als ob Scott geahnt oder gewusst hätte, dass
    diese Figur den Roman nicht tragen würde, schickt er sie schon zu
    Beginn aufs Krankenbett: Ivanhoe wird auf einem Ritterturnier
    verletzt und erlebt von da an das Meiste nur noch vom
    Krankenbett. Er ist also nicht die wirkliche Hauptfigur, wie es der
    Titel verspricht. Handlungsträger ist vielmehr ein Dreigespann,
    bestehend aus dem schon erwähnten Templer und zwei Rittern. An
    diesen Figuren demonstriert Scott, wie die vielgepriesene "Macht
    der Liebe" versucht, die Grenzen zwischen den Bevölkerungsgruppen
    zu überwinden versucht. Das kann nicht gelingen. Aber wenn man diese
    Geschichte mit den Augen der Moderne liest, dann werden die Halunken
    zu Menschen, die an den Einschränkungen einer Standesgesellschaft
    scheitern. Ihre Handeln ist menschlich, ihr Scheitern tragisch und
    eine schöne Parabel auf die Problematik der
    Völkerverständigung.


    Schade nur, dass das Judentum unbedingt durch die Person eines
    geldgierigen Kaufmanns dargestellt werden muss. Im heutigen
    Deutschland würde der Ivanhoe-Autor als Antisemit gelten.


    Scotts Roman hat trotz seiner Langatmigkeit und Dialoglastikeit
    überlebt. Das liegt an den Stärken des Werks, die auch heute noch
    wirken, obwohl Scotts Sprachduktus längst zum alten Eisen gehört:
    Lebendige Schilderung des romantischen Mittelalters, eine
    bewundernswerte historische Sachkenntnis, Stoffe und Figuren, die
    für unzählige Spielfilme gut waren.

  • Hallo Lyrx,


    auch von mir ein herzliches »Hallo« für dein neuerliches Auftauchen. Und dann gleich mit einer solch guten Rezension: :dhoch


    Zitat

    Original von lyrx

    Ivanhoe ist also ein Klassiker, der Staub angesetzt hat. …


    … was er sich mit vielen anderen Klassikern teilen muss. Obwohl ich mir manchmal nicht sicher bin, ob der Staub wirklich am Klassiker haftet oder auf unseren Augen. Schließlich hat Staub es ja an sich, dass er ohne großen Kraftaufwand weggewischt werden kann.


    Zitat

    … Gute historische Romane zeichnen sich deshalb durch
    geschichtliche Genauigkeit und Detailliebe aus.


    Das allein bringt aber noch keine Geschichte zum Leben. Hinzu kommen muss auch ein Gefühl für die jeweilige Epoche. Wenn zu stark das Jahrhundert des Autors durchschimmert, kann von einem guten historischen Roman nicht mehr gesprochen werden. Dass das bei Scott anders ist (auch aus heutiger Sicht) beschreibst du sehr schön:


    Zitat

    Der Erzählstil ist plastischen und zielt auf Realismus ab. Der Leser soll das Gefühl bekommen, das er auf eine Zeitreise mitgenommen wird. Er soll und will sich in das vermeintliche Lebensgefühl einer noch nicht von Technik und Industrialisierung entfremdeten geschichtlichen Periode zurückversetzen. Die dargebotenen Schicksale sind unmittelbarer, die Gefühle einfacher und direkter. Der problematische Hintergrund einer nur teilweise verstandenen, sich ständig verändernden Gegenwart wird durch die klarere, harmlosere Objektivität eines historischen Kulisse ersetzt.


    Scott verfügte über die historischen Kenntnisse, um auf diesem Gebiet wegweisend zu sein. Sein Ivanhoe ist, obwohl mühsam zu lesen, ein schillerndes, lebendiges Werk von sprachlicher Kraft.


    Zitat

    Schade nur, dass das Judentum unbedingt durch die Person eines geldgierigen Kaufmanns dargestellt werden muss. Im heutigen Deutschland würde der Ivanhoe-Autor als Antisemit gelten.


    … aber eigentlich werden damit nur Klischees bedient. War Scott wirklich Antisemit? Mit Raabes »Hungerpastor« haben wir ja auch solch einen Fall. Meines Wissens hat sich Raabe aber gegen Antisemitismus gesträubt, was nicht verhindert hat, dass man ihn in einer gewissen Epoche gerade mit diesem Buch hochgehalten hat.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    Original von Michael Höfler
    hallo lyrx,


    also, ich fand das buch toll. aber mit 10 oder 12 jahren oder so.


    viele grüße,
    michael


    Die Jugendbücher waren (sind ?) teilweise erheblich gekürzt. Ich habe das gemerkt, als ich Ivenhoe Mitte 20 nochmal gelesen habe. Da war es plötzlich umfangreicher als in der Jugendbuchfassung, die ich auch mit 11 oder 12 verschlungen habe


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Hallo Lyrx!


    Da ich im Schulalter so gut wie alles gelesen habe, was mir unter die Finger kam, war auch Walter Scotts "Ivanhoe" darunter. Neben vielen anderen Rittersagen ein Buch, das ich sehr gerne gelesen habe.
    Deine Rezension hat es mir wieder in Erinnerung gerufen, ich habe den Staub vom Buchrücken geblasen und darin zu blättern begonnen. Wer weiß, vielleicht lese ich es doch noch einmal. ;)


    Nette Grüße,
    Manuela :)


    Tante Edit: Relativierung

  • Zitat

    Original von Horst Dieter


    Die Jugendbücher waren (sind ?) teilweise erheblich gekürzt. Ich habe das gemerkt, als ich Ivenhoe Mitte 20 nochmal gelesen habe. Da war es plötzlich umfangreicher als in der Jugendbuchfassung, die ich auch mit 11 oder 12 verschlungen habe


    Horst-Dieter


    Dieses Buch schreit nach Kürzungen, jedenfalls wenn man die heutigen Lesegewohnheiten zum Maßstab setzt. Heutzutage hätte in einem solchen Fall auch der gutmütigste Lektor zur Schere gegriffen - oder aber gleich auf den Papierkorb gezielt. Durch die Originalfassung hätte sich wohl kaum ein Jugendlicher durchgequält.


    Das ist vielleicht auch gar nicht so tragisch. Vielleicht wirken solche Bücher gewissermaßen als Rohmaterial. Sie erhalten also Ihre Bedeutung mehr oder minder erst durch Rezeption, Weiterverarbeitung, Neugestaltung ...


    Ich denke mal

  • Zitat

    Original von lyrx

    Das ist vielleicht auch gar nicht so tragisch. Vielleicht wirken solche Bücher gewissermaßen als Rohmaterial. Sie erhalten also Ihre Bedeutung mehr oder minder erst durch Rezeption, Weiterverarbeitung, Neugestaltung ...


    Mit solch einer Argumentation hat man Jahrzehntelang das Werk Karl Mays bearbeitet und teilweise entstellt. U.a. Wollschläger (ehemaliger Mitarbeiter des KM Verlag Bambergs) hat ja dann nicht unwesentlich mit dazu beigetragen, dass das inzwischen anders ist.


    Für ein Jugendbuch mögen solche Kürzungen angebracht sein, generell glaube ich aber nicht, dass Weiterverarbeitung und Neugestaltung in dieser Art legitim sind. Mit Rezeption hat das nichts zu tun. Den Stoff neu aufgreifen und einen neuen Roman schreiben - das ist was anderes.


    Und warum soll man (außer für Kinder und Jugendliche - und dort mit viel Fingerspitzengefühl) Klassiker an die heutigen Lesegewohnheiten anpassen? Für die heutigen Lesegewohnheiten gibt es genug Literatur.


    Provokante Grüße ;)


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Willkommen zurück, lyrx!


    Ich darf doch mal in den Ring springen?


    Zitat

    Original von lyrx
    Was fasziniert viele Leser am Glanz vergangener Epochen?


    Meine Vermutung ist, dass es hier um die Faszination geht, die darin liegt, Vergangenes wiederaufleben zu lassen, sinnlich fassbar zu machen.


    Die Frage ist, ober die Intention der Leser immer dieselbe ist, ob es nur eine ist, ob sie mit der oder denen der Verfasser identisch ist ... :zwinker


    "Historische Literatur" ist ein Genre, d.h. eine "Schublade", in die Literatur nach Kriterien wie dem Umfeld der Handlung eingeordnet wird. Dadurch werden keinerlei Aussagen getroffen über Inhalt, Thema, Sprache, Stil, Qualität, Rezipienten (aka "Zielgruppe").


    Richtig ist, dass ein Großteil (!) der heutigen Leserschaft in Historischen Romanen Zerstreuung in einem exotischen Umfeld (abseits der eigenen, "langweiligen" Alltagsrealität) sucht, das zugleich einen Bildungsanstrich zu haben scheint (anders als Fantasy, Krimis, "moderne Frauenromane" etc.).


    Aber diese Feststellung hat bestenfalls einen Wert für die Literatursoziologie und die jeweilige Programmpolitik von einzelnen Verlagen. Über das Genre sagt es nur aus, dass es einen ordentlichen Anteil an Trivialliteratur hat -- das allerdings gilt für jedes Genre, die Aussage ist also eine Binsenweisheit. :zwinker


    Zitat

    Gute historische Romane zeichnen sich deshalb durch geschichtliche Genauigkeit und Detailliebe aus.


    Das müssen sie nicht. Viele historische Roman (nicht zuletzt die Klassiker darunter!) weichen oft drastisch von der historischen Realität ab --einige um der reinen Unterhaltung willen (Klischeerfüllung), andere, weil ihnen ein poetisches Konzept wichtiger ist (krasses Beispiel: Schiller)


    Zitat

    Der Erzählstil ist plastischen und zielt auf Realismus ab.


    Auch das ist nicht zwingend.


    Zitat

    Der Leser soll das Gefühl bekommen, das er auf eine Zeitreise mitgenommen wird. Er soll und will sich in das vermeintliche Lebensgefühl einer noch nicht von Technik und Industrialisierung entfremdeten geschichtlichen Periode zurückversetzen. Die dargebotenen Schicksale sind unmittelbarer, die Gefühle einfacher und direkter. Der problematische Hintergrund einer nur teilweise verstandenen, sich ständig verändernden Gegenwart wird durch die klarere, harmlosere Objektivität eines historischen Kulisse ersetzt.


    Und jetzt wird es wirklich pauschalierter grober Unfug. Woher hast du diese Weisheiten? :zwinker


    Selbstverständlich gibt es durchaus zeitgenössische Autoren beiderlei Geschlechts, die sich schlichtweg der Unterhaltung der Leser verschrieben haben. Dafür wählen sie natürlich möglichst ein Thema oder ein "Setting", das ihnen selbst Spaß macht, vielleicht gelegentlich sogar ein, von dem sie überzeugt sind, dass es Furore machen und damit Geld bringen wird. Und manche biegen und brechen auch schon mal nach Herzenslust -- sei es, weil sie es nicht besser wissen, sei es, weil sie denken, das sei sowieso egal. Andere sind sehr fleißig was die Recherche angeht. Am Ende muss das jeder Autor mit sich selbst ausmachen.


    Daneben gibt es einige, die historisch Stoffe zum Zwecke der Ent- und Verfremdung nutzen. Z.B. um ein bestimmtes Thema klarer herauszuarbeiten, als das bei einem zeitgenössischen Roman aufgrund der vielfältigen Verflechtungen mit dem Alltagsleben möglich wäre.
    Das gilt nicht nur für den Historischen Roman; beim utopischen bzw. phantastischen Roman sowie beim Krimi ist das der inzwischen auch literaturkritisch gewürdigte Teil des jeweiligen Genres.


    Dazu empfehle ich als Beispiel mal die Lektüre eines sattsam bekannten Aufsatzes von Lion Feuchtwanger (Vom Sinn und Unsinn des historischen Romans).


    Darüber hinaus gibt es eine Menge Literatur zum Thema, und wenn es dich interessiert, lasse ich sie dir gerne zukommen. Allein, Scott zu lesen, um die Faszination einer breiten Leserschicht zu verstehen, ist eine vollkommene Verkennung der Artenvielfalt in der Literatur. ;)

  • Zitat

    Original von Iris Kammerer



    Das müssen sie nicht. Viele historische Roman (nicht zuletzt die Klassiker darunter!) weichen oft drastisch von der historischen Realität ab --einige um der reinen Unterhaltung willen (Klischeerfüllung), andere, weil ihnen ein poetisches Konzept wichtiger ist (krasses Beispiel: Schiller)


    Ich wage hier auch den prominentesten Vertreter des deutschen Professorenromans zu nennen, Felix Dahn, der in seinem bekanntesten Werk Kampf um Rom nicht unwesentlich von den geschichtlichen Fakten abwich, die er zuvor selbst in fachlichen Abhandlungen über die Zeit der Völkerwanderung dokumentiert hatte.


    Zitat


    Selbstverständlich gibt es durchaus zeitgenössische Autoren beiderlei Geschlechts…


    Gibt es sie also doch, die Zwitter?!


    Zitat


    Dazu empfehle ich als Beispiel mal die Lektüre eines sattsam bekannten Aufsatzes von Lion Feuchtwanger (Vom Sinn und Unsinn des historischen Romans).


    Ich erinnere mich, dass du diese Empfehlung schon mal geäußert hattest und ich halbherzig danach gesucht habe - ohne fündig zu werden. So bin ich denn vermutlich der Einzige, der diesen sattsam bekannten Aufsatz nicht kennt. Ob du so freundlich bist, eine konkrete Literaturempfehlung zu geben?


    Zitat


    Darüber hinaus gibt es eine Menge Literatur zum Thema, und wenn es dich interessiert, lasse ich sie dir gerne zukommen. …


    Außerdem wäre es schön, wenn außer Lyrx auch andere Interessierte von deinen sonstigen Literaturempfehlungen zu diesem Thema profitieren dürften


    Grüße aus Lauda


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    Original von Horst Dieter


    Ich erinnere mich, dass du diese Empfehlung schon mal geäußert hattest und ich halbherzig danach gesucht habe - ohne fündig zu werden. So bin ich denn vermutlich der Einzige, der diesen sattsam bekannten Aufsatz nicht kennt. Ob du so freundlich bist, eine konkrete Literaturempfehlung zu geben?


    Geh doch mal zu Google oder Metager und gibt als feste Zeichenfolge den Titel ein. Dann findest du an erster Stelle der Ergebnisliste folgenden LInk: http://www.br-online.de/wissen…tur/folge_3/dichter.shtml :rofl:



    Zitat

    Außerdem wäre es schön, wenn außer Lyrx auch andere Interessierte von deinen sonstigen Literaturempfehlungen zu diesem Thema profitieren dürften.


    Dürfen sie, ich wollte nur niemanden mit einer kilometerlangen Literaturliste überfallen. Wie sähe denn das aus? :dumm

  • Zitat

    Original von Iris Kammerer
    Und jetzt wird es wirklich pauschalierter grober Unfug. Woher hast du diese Weisheiten? :zwinker


    Ich provoziere halt auch gerne. Ich denke, es war eine Überlegung mit dem Ziel, Widerspruch zu ernten, was gelungen ist. Natürlich trifft das wohl eher auf den trivialen Teil der Sparte zu.


    Ich kann mich an einen faszinierenden Text erinnern (den Autor habe ich vergessen), in welchem geschildert wird, wie einer eine Reise antritt, in der die Zeit schnell rückwärts läuft. Mit jeden Meter, den er sich vorwärts bewegt, reist er in die Vergangenheit. Dabei wird mit großer Sachkenntnis beschrieben, wie sich Umgebung, Land und Leute zeitlich "zurück" entwickeln, eine mittelalterliche Schenke wird geschildert u.s.w. Wirklich ein sehr faszinierender Text, den ich gerne wiederfinden würde.


    Auch die anderen Tipps von Iris zum Thema sind bestimmt sehr interessant. Das ist übrigens der Grund, warum ich gerne hauptberuflich in der Branche wäre, dann hätte ich nämlich die Zeit, solche Sache auch zu lesen. "Welcome Back" ist noch zu früh, weil ich morgen schon wieder nicht mehr hier sein kann. Die Arbeit ruft.


    Für heute aber vielen Dank für die interessanten Reaktionen. Allmählich beginnt mich der historische Roman zu interessieren.

  • Zitat

    Original von Iris Kammerer
    Geh doch mal zu Google oder Metager und gibt als feste Zeichenfolge den Titel ein. Dann findest du an erster Stelle der Ergebnisliste folgenden LInk: http://www.br-online.de/wissen…tur/folge_3/dichter.shtml :rofl:


    besten Dank - schon vermerkt :)


    Zitat


    Dürfen sie, ich wollte nur niemanden mit einer kilometerlangen Literaturliste überfallen. Wie sähe denn das aus? :dumm


    wie eine Literaturmeile ...


    Solltest du also solch eine versenden, setz mich bitte auf CC


    Grüße aus Lauda


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    Original von lyrx
    Ich provoziere halt auch gerne. Ich denke, es war eine Überlegung mit dem Ziel, Widerspruch zu ernten, was gelungen ist. Natürlich trifft das wohl eher auf den trivialen Teil der Sparte zu.


    Falls du mich da einordnest, solltest du dich jetzt warm anziehen! :colts






    Anbei die Literaturliste / Bibliographie

  • Zitat

    Original von Iris Kammerer

    Falls du mich da einordnest, solltest du dich jetzt warm anziehen! :colts



    Vorsicht, Lyrx,


    Kugelsichere Weste, meint Iris damit. Nützt aber nur begrenzt, denn Sie kommt dann gleich mit :komm


    Hol dir also besser von Ivanhoe den Helm sowie Bein- und Unterleibsschutz


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    Original von Iris Kammerer


    Falls du mich da einordnest, solltest du dich jetzt warm anziehen! :colts
    Anbei die Literaturliste / Bibliographie


    Erst Kammerer lesen, dann Kammerer kritisieren. So viel Standesehre hat sogar der Hobby-Schriftsteller. Ich kann zu Iris Romanen deshalb leider noch nichts sagen.

  • Zitat

    Original von Iris Kammerer
    … folgenden LInk: http://www.br-online.de/wissen…tur/folge_3/dichter.shtml


    Interessanter Aufsatz, etwas unbestimmt am Anfang (er greift mir zu sehr in die Mythologie für seine Begründung, was eigentlich nicht nötig wäre), aber er kommt schnell auf den Punkt:


    Zitat


    Ich kann mir nicht denken, daß ein ernsthafter Romandichter, der mit geschichtlichen Stoffen arbeitet, in den historischen Fakten etwas anderes sehen könnte als ein Distanzierungsmittel, als ein Gleichnis, um sich selber sein eigenes Lebensgefühl, seine eigene Zeit, sein Weltbild möglichst treu wiederzugeben.


    Sicher gibt es andere Sichtweisen und ergänzende Motivationen, aber darin stimme ich mit Feuchtwanger überein, dass ernsthafte Autoren historischer Erzählungen zu dieser Erkenntnis gekommen sein müssen.


    Vermutlich hat mir deshalb auch der Hannibal von G. Haefs nicht gefallen, weil ich immer beim Lesen das Gefühl hatte, er kann sich nicht entscheiden, ob er ein Geschichtsbuch oder einen Roman schreiben will. Da ist mir schon zitierter Felix Dahn lieber, der beides gemacht hat und sich offen dazu bekannt hat, seine Weltanschauung in seine historischen Romane zu legen (etwa in Julian der Abtrünnige seine Abneigung gegen das Christentum).


    Und deshalb gefallen mir auch die diversen historischen Romane (bevorzugt Mittelalter) nicht, die eigentlich Fantasy sind, weil die Autoren dabei ihre Weltsicht und ihr Weltbild verschleiern.


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    Original von Horst Dieter
    (er greift mir zu sehr in die Mythologie für seine Begründung, was eigentlich nicht nötig wäre)


    Es ist ein Vortrag zum Thema, der literaturwissenschaftliche Aspekte aufgreift. Feuchtwanger kennt sich auch in der Klassischen Philologie und sogar (wohl dank seiner intensiven Beschäftigung mit Flavius Josephus und dem Nahen Osten in der Antike) mit allgemeinen Fragen der Bibelexegese. Der erste große Autor Europas schaffte Hybriden zwischen historischen und utopisch-fantastischen Stoffen, und die meisten nach ihm ebenso bis zur Entwicklung des Romans im modernen Sinne.


    Zitat

    Sicher gibt es andere Sichtweisen und ergänzende Motivationen, aber darin stimme ich mit Feuchtwanger überein, dass ernsthafte Autoren historischer Erzählungen zu dieser Erkenntnis gekommen sein müssen.


    Das betrifft z.B. auch Gertrud von Le Fort, die einmal schrieb: "Ich habe das Historische nie als eine Flucht aus der eigenen Zeit empfunden, sondern als einen Abstand, von dem aus man die eigene Zeit schärfer erkennt.


    Die genaue Kenntnis einer anderen Epoche, die über Sachbuchkenntnisse hinausgeht, führt ja schon zu einer Auseinandersetzung mit der eigenen; denn das ständige Infragestellen der eigenen Kenntnisse über das Ander(sartig)e, Fremde führt auch zur Infragestellung des Ähnlichen, Vertrauten. Es führt letztendlich auch dazu, dass man nicht mehr das Eigene als Maßstab für die "beste aller (derzeit) möglichen Welten" ansieht, sondern lernt, dem Anderen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen -- mit anderen Worten: Es beugt jeder Art chauvinistischer, rassistischer und anderer diskriminatorischer Tendenzen vor.


    Das gilt übrigens nicht nur für die Beschäftigung mit anderen Epochen, sondern überhaupt für die Auseinandersetzung mit anderen Kulturen. :zwinker

  • Zitat

    Original von Michael Höfler
    mir ist inzwischen eingefallen, dass die kinderausgabe von ivanhoe auf mehrere bänder verteilt war, nämlich die zwei:


    Von Ivanhoe gibt es eine ganze Menge "Bearbeitungen für die Jugend", da der Text inzwischen nicht mehr urheberrechtlich geschützt ist und jeder Herausgeber oder Verleger damit machen kann, was er will (vorausgesetzt er schreibt rein, dass es sich um eine Bearbeitung handelt). :zwinker

  • Zitat

    Original von Iris Kammerer
    … da der Text inzwischen nicht mehr urheberrechtlich geschützt ist und jeder Herausgeber oder Verleger damit machen kann, was er will (vorausgesetzt er schreibt rein, dass es sich um eine Bearbeitung handelt). :zwinker


    … und vorausgesetzt, er nutzt eine Übersetzung, bei der der Übersetzer ebenfalls schon mehr als 70 Jahre lang in Grab oder Urne ruht. Andernfalls muss er einen neuen Übersetzer einsetzen und bezahlen.


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann