• Liebe Freunde,


    Zitat

    Konzernerbe Friedrich Klar Flick verkaufte das Firmenkonglomerat Mitte der achtziger Jahre an die damals allmächtige Deutsche Bank. Zuvor war Flick in einen der größten Skandale der Nachkriegsrepublik verstrickt.


    Diese Sätze stammen von Hans Leyendecker von der Süddeutschen Zeitung; der zweite davon ist falsch. Statt nur "verstrickt" müßte hier stehen: "verstrickt gewesen". Warum? Nun, weil die Verstrickung sich vor dem Verkauf an die Deutsche Bank ereignete.


    Für solche Fälle hält die deutsche Grammatik das Tempus des Plusquamperfekt bereit; dieses ist immer dann anzuwenden, wenn sich eine von zwei Handlungen in der Vergangenheit vor der anderen abgespielt hat. Das Plusquamperkekt wird im deutschen mit Hilfsverben gebildet, die jedoch hier im Präteritum stehen: "hatte" und "war".


    Hans Leyendecker gehört zu den großen Reportern der SZ, und es ist gewiß peinlich, wenn auch ein solcher keine korrekte Consecutio Temporum mehr bilden kann. Aber so ist es eben.


    Wenn man nun nicht richtig Deutsch schreiben kann, es aber - im Gegensatz zu Leyendecker - merkt, sich aber nicht ganz sicher ist - wo schaut man dann nach? Hier:


    Entweder in einer Grammatik oder im Wahrig "Fehlerfreies und gutes Deutsch".


    Ich empfehle jedem, der sich intensiv mit Sprache auseinandersetzt, diese Bücher immer in Reichweite zu haben:


    ASIN/ISBN: 357710466X


    ASIN/ISBN: 3411040475

  • Liebe Freunde,


    Zitat

    Dieses war der erste Streich, und der zweite folgt sogleich.


    ich fordere euch alle auf, ab sofort Texte noch kritischer zu lesen und Sprachschnitzer in diesem Thread anzuprangern. Geht gnadenlos durch Zeitungen und Bücher und Werbetexte durch und sucht und findet Fehler! Und dann stellt ihr die schönsten Fehler hier vor, damit wir was zu lachen und zu lernen haben!

  • Zitat

    Original von lyrx
    Was sagt denn der Wahrig zu meinem Problem aus einem
    anderen Thread "Ich bin am Tisch gesessen" oder "Ich habe am Tisch gesessen" ?


    Hallo lyrx,


    um dieses Problem zu lösen, brauche ich keine Gramamtik. "Haben" und "sein" sind beides Hilfsverben. "Sein" wird u.a. auch zur Bildung des "Zustandspassiv" verwendet. Einfach ausgedrückt: "Sein" drückt einen Zustand aus, eine Zeitdauer, also einen Vorgang, der länger andauert. Also muß es heißen: Ich bin am Tisch gesessen.


    "Sein" deutet auf Dauer, Kontinuität und Passivität hin. Haben mehr auf Aktion.


    Abgesehen davon hört sich "Ich habe am Tisch gesessen" in meinen Ohren auch falsch an. Ich habe am Tisch gegessen (Aktion, Tätigkeit); aber ich bin am Tisch gesessen (Zustand).


    PS: Mir fällt gerade ein, dass "Ich habe am Tisch gesessen" in einer Satzverbindung wohl ganz geht; z.B. so: "Ich habe am Tisch gesessen, Glas um Glas getrunken, und irgendwann, als es mir zuviel wurde, das Messer genommen und es ihm zwischen die Rippen gestochen".

  • Das Problem ist wohl, dass es regionale Unterschiede gibt, auch was das Sprachempfinden betrifft.


    wikipedia.de meint zu dem Thema:

    Regionale Unterschiede gibt es bei der Bildung des Perfekts von Verben der Position (stehen, sitzen, liegen etc.) – im nördlichen Teil Deutschlands mit „haben“ gebildet, in Österreich, der Schweiz und weiten Teilen Süddeutschlands jedoch mit „sein“ (ich bin gestanden, er ist gesessen). Beides gilt als korrekt


    Siehe auch
    gesessen haben, gesessen sein


    Bleibt für mich die Frage, was ist überregional korrekt?

  • hallo, lyrx


    es folgt ein klitzepetiter exkurs wider das gemeindeutsche, das leider zu oft als hochdeutsch missverstanden wird.
    kurzfassung: was ist gegen einen regionalen zungenschlag einzuwenden?


    langfassung:
    dass du am tisch gesessen,
    das will ich nicht vergessen:
    ob mit, ob ohne "hast",
    hat man dich gern zu gast?


    die frage, wie's wohl ist,
    wenn du gesessen bist,
    die will ich nicht entscheiden,
    den hinweis doch nicht meiden:


    so klingt es hier, so dorten.
    an den globalen orten
    da zahlt man gern den lohn
    der diversifikation.


    vermeide nicht den ton
    der heimatregion!
    mag's auch nicht all'n behagen:
    dies will ich dir nun sagen.


    gemeindeutsch führt zu langeweile,
    wenn keiner mehr der landesteile
    erkennbar hinterlässt die spur.
    drum regional schreib mit bravour!


    so hat das deutsche via schweiz
    auch für norddeutsche manchen reiz.
    fisolen und der karfiol
    die nähren nicht nur austria wohl.


    es macht dir doch wohl keinen frust,
    dass du gar schwäbeln können musst?
    nur wenn der schnabel so gewachsen,
    dann schreib kanzlei als wie die sachsen.


    * * *


    fußnote:


    Im Lexikon meines Vertrauens (siehe unten) steht hinter dem Stichwort "sitzen": "… Das Perfekt wird in A, CH und D-süd in allen Bedeutungen meistens mit sein, in D-nord/mittel mit haben gebildet. Das gilt auch für Ableitungen und Zusammensetzungen …".


    Also. Willst Du dich dem Sprachkolonialismus beugen?


    Schöne Grüße von blaustrumpf

    ASIN/ISBN: 3110165740

  • nachsatz in sachen "überregional korrekt":


    hallo, lyrx


    diesen begriff kannst du meiner meinung nach verkürzen. auf "überkorrekt".
    um mal ein paar ganz hohe hausnummern ins spiel zu bringen:
    nimm mal aus thomas bernhards texten die austriazismen,
    kupiere dürrenmatts helvetizismen.
    was treibt dich dazu, wenn das hochdeutsche nun schon regionale varianten zulässt, diese auch noch mit fleiß zu verringern?


    schöne grüße von blaustrumpf

  • Das ist ja alles sehr nett, und man kann natürlich trefflich drüber streiten, ob jetzt regionale Färbungen ihre Gutes haben oder nicht. Darum geht es mir aber gar nicht. Ich will wissen, welche Version zu verwenden ist,
    wenn ein Text keinerlei regionalen oder dialektalen Kontext hat.


    Wozu denn diese ganzen Rechtschreibreformen und die Grammatiken, wenn sich so etwas nicht eindeutig beantworten lässt?

  • Zitat

    Original von lyrx
    Wozu denn diese ganzen Rechtschreibreformen und die Grammatiken, wenn sich so etwas nicht eindeutig beantworten lässt?


    öhm.
    weil das deutsche eine lebendige sprache ist?
    immer noch.
    trotz aller regulierungsbemühungen.

  • Zitat

    Original von blaustrumpf


    öhm.
    weil das deutsche eine lebendige sprache ist?
    immer noch.
    trotz aller regulierungsbemühungen.


    Ich will doch nur wissen, ob es eine solche eindeutige Regel nun gibt, oder ob es sie nicht gibt. Wenn es sie nicht gibt und die Sache einfach zweideutig ist, dann kann ich damit leben. Ich habe allerdings nicht den Eindruck, dass irgendjemand hier das mit Bestimmtheit behaupten möchte ...

  • Hallo, lyrx


    Dann lehne ich mich hiermit eben weit aus dem Fenster (und das an einem Mac) und behaupte, dass es eine solche Regel nicht gibt.
    Wer anderer Meinung ist, mag gerne Beweise vorlegen. Bitte Beweise für die Existenz und allgemeine Akzeptanz dieser Regel, nicht Indizien für Sprachkolonialismus.


    8)


    Ich vermute mal, dass es Versuche im Dritten Reich gegeben hat, da etliches zu nivellieren. Aber tempi passati – auch mit einem Passat lässt sich flottes Tempo fahren.


    Schöne Grüße von blaustrumpf

  • Zitat

    Original von blaustrumpf
    nimm mal aus thomas bernhards texten die austriazismen,
    kupiere dürrenmatts helvetizismen.


    Hallo Inge,


    du meinst: wenn wir aus Th. Bernhards Büchern die Austrazismen tilgten, dann würden seine Bücher besser werden, gell? Das denke ich auch. Im "Untergeher" können sie allerdings drinbleiben, denn das ist sein bestes Buch. Nur die Story funktioniert da nicht, weil Glenn Gould nie in Salzburg bei Horowitz einen Sommerkurs belegt hat.


    Bei Dürrenmatt hätte ich wenig auszusetzen, der ist in seinen besten Werken ja richtig gut. Und kupieren tun wir nicht den Dürri, sondern, natürlich ohne Narkose, Ohren, Schwänze und Beine von Kampfhunden.


    PS: Ich werde auch mal einen Roman über Glenn Gould schreiben; einen Roman, in dem Glenn einen Sommer mit Ginger Lynn verbringt. Die ist besser als Horowitz

  • Zitat

    Original von Th. Walker Jefferson
    Hallo Inge,


    du meinst: wenn wir aus Th. Bernhards Büchern die Austrazismen tilgten, dann würden seine Bücher besser werden, gell?


    Hallo, Mistah Jefferson


    Nö. Das meine ich nicht.


    Schöne Grüße von blaustrumpf

  • *zitiert Goethen*
    [SIZE=7](Faust, Gretchen, um genauer zu werden, in Sachen Fräulein. Nicht den dem Kaiser ergebenen Rittersmann mit dem eisernen Handschuh.)[/SIZE]

  • Hallo Th.Walker, 8)
    da hast Du recht, die beiden Bücher "Duden 04-Grammatik der deutschen Gegenwartssprache" und der "Wahrig 5-Fehlerfreies und gutes Deutsch" sind ein muss für jeden der mit der Deutschen Sprache arbeiten und kämpfen will!!!!
    :D

  • Da werde ich nun auch noch meinen Kommentar dran hängen: :P
    Nach meinen ganzen "Recherchen" würde ich schreiben: ich habe an diesem Tisch gesessen.
    Ohne jetzt auf irgendwelche Regionalen Einflüsse einzugehen ... oder so. :rofl

  • Ob nun Wahrig oder Duden – Die jeweils aktuelle Auflage im Haus zu haben, ist ja schon sehr schön und den Umsatzbilanzen des Buchhandels als solchem auch sicher zuträglich. Das Bewusstsein, dass ich in Duden/Wahrig/Sonstewas aber auch hineinschauen muss, vulgo, das Wissen, darum, dass das Eis gerade dünn wird, das will auch erst einmal geweckt sein. Was nützt mir die aktuellste Auflage eines Wörterbuchs meines jeweiligen Vertrauens, wenn ich überhaupt nicht merke, dass ich Fehler mache?


    Schöne Grüße von blaustrumpf

  • Zitat

    Original von blaustrumpf
    Was nützt mir die aktuellste Auflage eines Wörterbuchs meines jeweiligen Vertrauens, wenn ich überhaupt nicht merke, dass ich Fehler mache?


    Fräulein Blaustraps muss wie immer das letzte Wort haben! Nun, Verehrteste, wenn du nicht merkst, wann und dass du Fehler machst, dann ist alles OK: Beati pauperes spiritu, quoniam eorum (bei dir müßte man wohl sagen: "earum") est regnum coelorum.


    Wer nicht merkt, dass er Fehler macht ...
    a) Fühlt sich gut;
    b) Schüttelt den Kopf, wenn andere ihn auf seine (oder ihre) Fehler hinweisen;
    c) Weist Kritik schroff zurück;
    d) Hat Verständnis, wenn andere ihn kritisieren für Fehler, die er/sie doch gar nicht gemacht hat;
    e) Stirbt glücklich.


    Zu dieser Sorte Mensch gehören:


    a) Schweden
    b) Sozialdemokraten
    c) Gewerkschafter
    e) Christen
    f) Imker
    g) Bio-Chemiker
    h) Edmund Stoiber.