Eckhard Henscheid - "Geht in Ordnung - sowieso -- genau ---"

  • liebe alle,


    ich habe gerade angefangen das buch Eckhard Henscheid - "Geht in Ordnung - sowieso -- genau ---" zu lesen. der roman von 1977 schildert die provinziellen nichtigkeiten der amorösen abenteuer des erzählers. und er tut dies mit einer sprache, einer hingabe und einer detailgenauigkeit, dass das lesen nur so eine freude ist. noch besser: die handlung, die eigentlich völlig banane ist, kommt einem sogar spannend vor.


    zuletzt ist noch die ungeheure selbstironie henscheids zu erwähnen, wie er die handlung kommentiert. beispielsweise rechtfertigt der erzähler, der in der geschichte als angeblicher romanautor auftritt, seine bigamie durch die notwendigkeit die handlung spannender machen zu müssen. um nämlich einer weiteren dame sexuell näherzukommen, wie henscheid vielleicht sagen würde, könnte es ihm von nutzen sein als autor von seinem schlecht sortierten sexualleben schreiben zu können.


    ich kann mich nicht daran erinnern, schon einmal einen so komischen roman gelesen zu haben. großartige dadaistische literatur.


    zahlreiche grüße,
    michael


    http://www.amazon.de/exec/obid…2_xgl/028-5541102-0583717

  • Hallo, Michael.


    Ich habe vor gut einem halben Jahr "Die Vollidioten", "Geht in Ordnung ... sowieso ... genau" und "Die Mätresse des Bischoffs" quasi in einem Rutsch nacheinander gelesen. "Geht in Ordnung" hat mir am besten gefallen, aber Henscheid ist insgesamt göttlich, da kann ich Dir nur zustimmen. Seine Sprachwahl und -melodie pendelt zwischen töricht, spitzfindig und extrem intelligent, seine Figuren sind großartig, die Handlung (welche?) ist zwar unter aller Kanone, aber das interessiert nicht. Ein Heiden-Spaß. Aber wirklich nur für die. Otto Normalleser sollte sich nicht in diese Abteilung verirren, das kann nur schiefgehen.

  • ein rezensent von amazon hatte davor gewarnt die ganze trilogie auf einmal zu lesen, aber dir scheints ja gut bekommen zu sein. dass er sich selber nicht kaputtgelacht hat beim schreiben..


    als nächstes lese ich übrigens das buch "der mann der alles aß" oder so, was du mir empfohlen hattest.


    für mein eigenes essensbuch habe ich noch ein paar leute auf fotos zum thema essen angesetzt..


    ciao,
    michael

  • Zitat

    aber dir scheints ja gut bekommen zu sein.


    War gegen Ende etwas grenzwertig. Würde mich der Empfehlung anschließen, Henscheid in kleineren Häppchen zu genießen.


    Zitat

    dass er sich selber nicht kaputtgelacht hat beim schreiben..


    =) Jo. Der Gottvater der gepflegten, höheren Kneipenliteratur. Wenn Dir Henscheid gefällt, könnte es sein, daß Dir Frank Schulz ("Kolks blonde Bräute", "Morbus Fonticulli oder Die Sehnsucht des Laien") Spaß macht.


    ASIN/ISBN: 3861505576

  • Huhu, Michael.


    Das hier käme auf Dich zu:


    Bernhard Lassahn wird das Zitat "Ein Tag ist vierundzwanzig Stunden lang, aber verschieden breit" zugeschrieben. Wenn Bodo "Mufti" Morten bierselig in der Hamburger "Glucke" abhängt und mit dem "Filosophn" Sprüche austauscht, klingt das so: "Ein Tach iß fianzfanzich Schdund lang aba faschiedn breid."


    Das Zitat faßt den Inhalt von "Kolks blonde Bräute" vortrefflich zusammen. Ende der Achtziger sind Kolki und Bodo aus dem "Kaff" nach "Hambuich" umgezogen; Kolki arbeitet für die Post, während Frührentner Bodo hauptsächlich säuft. Kolki säuft natürlich auch, sogar während seiner Arbeitszeit, und das ist letztlich der Auslöser für eine Kette von Mißverständnissen, in deren Zentrum eine strapstragende Blondine steht, der Kolki schweinische Postkarten zustellen muß, außerdem "Rudi, der Arsch", ein schmieriger "Jubbi" und die "ßgahd"-Runde aus dem heimatlichen Kaff, will sagen: Neben Kolki und Bodo noch Satschesatsche, Heiner und der "Panzerknacker".


    Frank Schulz läßt Bodo Morten dreizehn Jahre danach von diesen Mißverständnissen und ihren Implikationen erzählen, in deren Folge Kolki vermeintlich das Gehör auf dem linken Ohr verloren hat. Ob das stimmt und inwiefern, das spielt letztlich keine große Rolle, denn Schulz beschreibt in der Hauptsache die Kultur des gemeinschaftlichen Saufens, vom "kleinen" bis zum "mittelschweren Lollimann" (Zustände des Besoffenseins), von der Erhabenheit des Kotzens, von Furz-Raps, die sich "Rudi, der Arsch" ausgedacht hat, von der feinen Differenzierung zwischen "Biberismus" und Alkoholismus. Er zeichnet seine abgefuckt-normalen Hauptfiguren mit liebevoller Hingabe, beobachtet mit mikroskopischer Genauigkeit, ohne je pedantisch zu werden; ganz im Gegenteil zu seinen Protagonisten setzt Schulz wohldosiert ein, was in der Übertreibung zur Satire würde - eine Satire ist "Kolks blonde Bräute" nämlich mitnichten. Sondern ein liebevolles Lesebuch über Freundschaft, das Erwachsenwerden und, natürlich, das Saufen in all seinen Facetten, mit all seinen Folgen, hauptsächlich aber seinen Reizen. Zu kritisieren gibt es nichts, wiewohl die zumindest teilweise Läuterung nicht zuletzt aus gesundheitlichen und oder sozialen Gründen am Ende des viel zu kurzen Buches steht.


    "Lokalkolorit" in all seinen Bedeutungen ist das Oberthema, und Schulz erzeugt dies insbesondere dadurch, daß er seine Figuren lautsprachlich wiedergibt, was den Leser gelegentlich dazu zwingt, sich Sätze selbst laut vorzulesen, um dem Sinn wenigstens nahe zu kommen. Wenn sich ein gewisser Gewöhnungseffekt eingestellt hat, erkennt man schließlich beim ersten Hinsehen, welche Speise sich z.B. hinter "Tschiggknmägnaggedß" verbirgt.


    Läßt man sich darauf ein (und die Zielgruppe ist eingeschränkt), ist "Kolks blonde Bräute" ein wunderbares, extrem spaßiges Buch, eine gute Vorbereitung für "Morbus fonticulli", die kongeniale Fortsetzung, und man versteht, warum Harry Rowohlt über Schulz sagt: "Sowieso mein Lieblingsautor.

  • Zitat

    auch noch in mundart geschrieben


    Nö! Die Dialoge sind in einer Art Lautschrift, aber nicht mundartlich. Und der Rest ist in handelsüblichem Hochdeutsch. 8)


    Schon rausgefunden, welche Speise sich hinter "Tschiggknmägnaggedß" verbirgt?

  • Zitat


    Schon rausgefunden, welche Speise sich hinter "Tschiggknmägnaggedß" verbirgt?


    ich habe mal im fernsehen gesehen wie jamie oliver das hergestellt hat - und zwar in der serie, in der er schulkindern gesundes essen schmackhaft machen will. wie unappetlich das in der herstellung aussieht hat die kinder echt beeindruckt . bilder scheinen da viel mehr zu bewirken als worte.


    viele grueße,
    michael


    ps. hast du eigentlich meine PN zu dem 42er 42wörter - projekt bekommen?