Schreiben oder Leben?

  • Da ich das Vestibül damit nicht verstopfen möchte, ein eigener Thread zu dieser Frage:


    Sollte ich wirklich weiterhin ganz normal arbeiten gehen, wenn ich doch eigentlich vorhabe, die Schreiberei endlich ernsthaft anzugehen?
    Falls ja, wo nehmt Ihr die Zeit her, die Ihr zum Schreiben braucht?


    Speziell Iris, da ich von Dir jetzt weiß, dass Du auch eine "normale" Arbeit hast.

  • Ich bin -- wie Tom -- selbständig. Das nimmt Zeit in Anspruch, manchmal über Gebühr.
    Trotzdem: Es ist vereinbar. Auch Iny Lorentz arbeiten beide Vollzeit.


    Selbstverständlich findet man Zeit zum Schreiben. Ich verzichte halt auf Zerstreuungen wie das Fernsehen -- und das völlig schmerzfrei. :zwinker

  • Es ist eine Frage der Motivation. Wenn jemand wirklich schreiben will, dann tut er es auch nachts nach einem 12-Stunden-Arbeitstag.


    Abgesehen davon: Nachdem die Wenigsten tatsächlich ausschließlich vom Schreiben leben können, ist es empfehlenswert einen "richtigen" Job nebenbei zu haben.


    Gruss,


    Bernd

    "Der erfolgreiche Abschluss infamer Aktionen steigert Ihren Bekanntheitsgrad, was für Ihren Feldzug zur absoluten Weltherrschaft unglaublich wichtig ist." (aus dem Benutzerhandbuch des PC-Spiels Evil Genius)

  • Zitat

    Es ist eine Frage der Motivation. Wenn jemand wirklich schreiben will, dann tut er es auch nachts nach einem 12-Stunden-Arbeitstag..


    Und gerade das ist ja mein Problem...
    Ich dachte, wenn ich, sobald ich mit der Ausbildung fertig bin, da aufhöre, könnte den ganzen Tag über schreiben. Dann müsste ich vielleicht nicht nachts bis in die Puppen am Schreibtisch sitzen und würde am folgenden Tag vielleicht nicht total verquollen und mit matschigem Kopf zur Arbeit müssen...

  • Du wirst einen matschigen Kopf davon kriegen, nicht zu wissen, wie du im laufenden Monat deine Miete zahlen, wovon du leben sollst! "Hotel Mama" ist einfach keine dauerhafte Lösung -- schon gar nicht, wenn man kein Einkommen vorweisen kann.


    Ich mein 's nicht bös, aber die Frage muß erlaubt sein: Woher nimmst du die Gewißheit, in absehbarer Zeit zu einem Verlagsvertrag zu kommen?
    Und selbst wenn: Autorenverdienste liegen in den ersten Jahren meist deutlich unterhalb der Armutsgrenze. :bonk

  • Hi Sarah -


    ich hab über diese Option auch nachgedacht, als ich mit dem Studium fertig war. Aber die übliche Brotlosigkeit dieser Kunst ist einfach ein starkes Argument. *g*


    Und es gibt ein weiteres Problem: Zeit ist gar nicht der Punkt beim Schreiben. Ich habe mir jetzt eine kreative Auszeit genommen und schreibe genau genommen nicht viel mehr als vorher, als ich noch gearbeitet habe. :( Der Punkt ist eher die Motivation und der Schreibfluss. Wenn das stimmt, bekommt man relativ leicht was neben der Arbeit fertig, glaube ich, und wenn es nicht stimmt, hilft auch die freie Zeit womöglich nicht viel.


    Klar, ich denke, mit einem Vollzeitjob mit Überstunden UND einer Familie wird das Schreiben allmählich kompliziert. Aber selbst da gibt es Fälle, da staune ich Bauklötze. (Wer hat denn nochmal sein Buch nachts geschrieben, wenn er von der Schicht kam und seine Familie schlief? War das vielleicht der Autor von "Die Asche meiner Mutter"?)


    Hättest du übrigens evtl. eine Möglichkeit Teilzeit zu arbeiten? Das wäre doch eine Kompromisslösung. (Ich arbeite schon immer Teilzeit, weil mir Schreiben und Musik machen einfach zu wichtig ist.)

    Frau: "Warum müssen Frauen immer still sein?"
    Mann: "Weil sie dann länger schön bleiben."
    (Der Hexer, 1964)

  • Hallo, Sarah.


    Für die von Dir angestrebte Variante müßtest Du umgehend eine Möglichkeit finden, vom Schreiben leben zu können. Das wird sich mit Romanprojekten - wenn überhaupt - nur mittelfristig machen lassen; man sagt ganz allgemein, daß ein Autor, der derlei anstrebt, von der ersten Romanveröffentlichung bis zu dem Zeitpunkt, an dem er ausschließlich davon leben kann, 10 Jahre benötigt. Ausnahmen gibt es natürlich immer, aber die heißen nicht ohne Grund Ausnahmen.


    Als freier Schriftsteller gibt es natürlich auch andere Einnahmequellen. So kann man durchaus Geld damit verdienen, Kurzgeschichten für einschlägige Zeitschriften zu verfassen, oder Schema-F-Arzt-/Frauen-/Heimatsheftromane und dergleichen. Aber auch hierfür gibt es eine recht hohe Einstiegsschwelle und viel Konkurrenz; Autoren mit Erfahrung sind generell lieber gesehen.


    Ganz persönlich: Ich könnte mir überhaupt nicht vorstellen, tagein, tagaus nur zu schreiben. Irgendwann und irgendwo muß ich ja auch die Erfahrungen sammeln, über die ich schreibe. Und deshalb genügen mir die ein, zwei Stunden, die ich im Schnitt an einen 12+X-Arbeitstag anhänge. Ich habe auch langfristig nicht vor, ausschließlich Schriftsteller zu sein.

  • Danke für Eure Antworten!


    Ich bin, wie immer, viel zu impulsiv.
    Erst handeln, dann nachdenken und merken, dass man es komplett falsch gemacht hat.


    Dank Euch wird mir das in dieser Hinsicht nicht passieren...
    ...Ich war nur so augestachelt von dem Lob, das meine Januarsgeschichte bei den Eulen bekommen hat, dass ich mir kurzzeitig eingebildet habe, ich sei ein toller Autor :auslach


    Also Danke nochmal!


    LG Sarah

  • Hi Sarah,


    Grüße von einer Ex-Buchhändlerin *gg*


    Ich zitiere zu diesem Thema mal meinen Lieblings-Schriftstellerwitz:


    Sagt der Arzt zum Schriftsteller: "Es tut mir leid, sie haben nur noch ein Jahr zu leben."
    Antwortet der: "Das ist ja toll, können sie mir auch sagen, wovon?"



    Sic. 8)


    Susanne

  • Zitat

    Original von Iris
    Zerstreuungen wie das Fernsehen -- und das völlig schmerzfrei. :zwinker


    Prima, dass das mal eine(r) laut sagt! Bei mir steht der Kasten seit 1992. Ich weiß also nicht, wie Dieter Bohlen aussieht.


    Ist immer sehr lustig, wenn der GEZ-Heini kommt. Als er das letzte Mal kam und nach Rundfunk- und Fernsehgeräten fragte, habe ich ihn mit diesem Satz begrüßt: "Wissen Sie eigentlich, mit wem Ihre Frau noch schläft?".


    Jetzt ist er schon einige Jahre nicht mehr gekommen. Ist wohl weggezogen. :evil

  • Nach dem blöden Witz von eben bin ich aber noch mal kurz im mich gegangen. Ich hab mich nämlich erinnert, wie das war, als Buchhändlerin - die wirklich dämlichen Arbeitszeiten machen einem das Neben-der-Arbeit-Schreiben ziemlich schwer.
    Ich weiß ja nicht, wie genügsam du so bist, denn es gibt immer noch die Möglichkeit, nur halbtags zu arbeiten ...
    Ich hab das ein paar Jahre lang gemacht. Das hieß natürlich: kein Urlaub, kein Kino (außer, es hat mich jemand eingeladen), Bücher aus der Bibliothek (heute gäbe es ja das Tauschticket *gg*), Essen von Aldi, Fahrrad statt öffentliche Verkehrsmittel ... eben so ein Hartz IV-Leben. Dafür aber Zeit für alles Mögliche. Ich fand das in Ordnung - war ja auch noch ein paar Jährchen jünger ...


    Nur so als Brainstorming. 8)


    LG


    Susanne


  • Tja...An sich wäre das kein Problem, wenn ich nicht, in meiner grenzenlosen Naivität Mitte Januar einen Karaoke & Kostümball veranstaltet hätte, dessen Erlös ich dann spenden wollte.
    Dummerweise hatte sonst wohl keiner Lust darauf, sich zu blamieren und in peinlichen Kostümen durch die Gegend zu rennen, weshalb ich jetzt erst mal einen Schuldenberg abzahlen muss...


    Und im Nachhinein bedacht...Ich könnte gar nicht kündigen, denn ich brauche das Geld!


    Wenn das nicht ein eindrucksvoller Beweis dafür war, dass ich erst handle und dann denke!


    LG Sarah

  • Zitat

    Wenn das nicht ein eindrucksvoller Beweis dafür war, dass ich erst handle und dann denke!


    Na ja, dafür können wir demnächst bei der Entbindung Deines tanzenden Sterns dabeisein. 8)

  • Hallo Sarah,


    was mich selbst bei meiner gelegentlichen Grübelei - Brotberuf aufgeben oder nur halbtags oder wie überhaupt - manchmal kolossal ermutig, ist die Beschäftigung mit Schriftstellern und deren Biographien, die selbst immer auch einen Brotberuf hatten - davon gibt es nämlich erstaunlich viele!
    Ich betrachte es jetzt so: der Brotberuf als Quelle der Inspiration und gutbezahlte Recherche! Ist ja auch nicht schlecht ...


    Grüße aus dem Ruhrpott,
    Annette

  • Hallo Sarah ,
    auch wenn du schon viele Antworten bekommen hast, nutze ich mal die Frühstückspause um dir meine Erfahrungen mitzuteilen. Ich hab mit Anfang 20 beschlossen , das ich eigentlich nix will , zumindestens in beruflicher Hinsicht , außer zu schreiben. Zunächst hatte ich nicht den Mut das umzusetzen und hab mich durch einige Studiengänge gequält , die mich aber ziemlich bald gelangweilt haben. Hab also einen nach dem anderen abgebrochen und fortan versucht mich mit Gelegenheitsjobs über Wasser zu halten. Ende der Neunziger klappte das auch noch ganz gut , inzwischen sitze ich in nem Word/Excel - Kurs , den ich vom Arbeitsamt aufgebrummt kriegte und nutze meine Frühstückspause um diesen Thread zu schreiben. Wenn du's durchziehen willst , mach zumindestens vorher 'ne Ausbildung, das könnte hilfreich sein 'ne Teilzeitstelle zu ergattern. Ich hab nix , bekomme ab und an mal 'nen Fabrikjob, der scheisse bezahlt ist und lebe ansonsten von ALG II. Schreiben tu ich seitdem allerdings mehr , depressiv bin ich auch nicht mehr. Wenn dich die Monotonie der Arbeitswelt nicht zu sehr belastet , ist mein Rat die Teilzeitstelle , das ist denke ich ein guter Kompromiß. So , Pause vorbei , Langeweile beginnt , einen lieben Gruß
    Thorsten

  • Hab´s leider nicht geschafft, früher zu antworten, danke Euch aber für die Rückmeldungen! Inzwischen kommt mir mein Eingangsposting reichlich überzogen vor, weil ich, wenn ich es so objektiv wie möglich betrachte, noch nichts Ordentliches aufs Papier gebracht habe. Außerdem weiß ich, dass viele Autoren auf einen sog. Brotberuf angewiesen sind, auch wenn sie bereits mehrmals (erfolgreich) publiziert haben... Gehen eben einfach öfter mal die Pferde mit mir durch... :auslach


    LG Sarah :dumm

  • Als ich mir zum erstenmal einbildete, schreiben zu müssen, war ich etwa 13 oder so und war ein unverbesserlicher Träumer.


    Später träumte ich von Bestsellern, die ich schreiben würde, um in einem tropischen Strandviertel mit gemütlichen Kneipen zu leben.


    Heute lebe ich in einem tropischen Strandviertel, besitze eine gemütliche Kneipe... von einem Bestseller aber nach wie vor keine Spur.


    Vorläufig benüge ich mich, Romanfigur zu sein.


    Vielleicht raffe ich mich auf und bringe etwas mehr zustande als nur Kurzprosa aus Brasilien.... dem verrücktesten Land der Welt! :bier