Literarisches Schreiben

  • Im Moment schreibe ich noch sehr "aus dem Bauch heraus" verlasse mich sehr auf meine zahlreichen Ideen, die viele Seiten füllen können aber noch keine gut strukturierte Geschichte ausmachen. Einfach nur schreiben schreiben und schreiben hilft mir in der Sache wenig. Zugegeben verbessert sich dadurch der Schreibstil erheblich, nicht jedoch die Mängelbeseitigung in der Logik, dem Setting und der Struktur. Habt ihr Ideen und Ratschläge wie ich weiter kommen kann? Phantasie haben ist ja schön, nur ich muss die Storys halt auch in die richtige Form bringen.


    Übrigens finde ich, was diese Fragen angeht, das neue Forum eine unbestreitbare Verbesserung.


    Andreas

  • huhu,


    bist du der andreas, dessen BT gerade drüben besprochen wird?


    hast du dir denn schon ein oder zwei schreibratgeber zu gemüte geführt? davon gibts bekanntlich sehr viele und auch einige klassiker. die sollen angeblich helfen. ;) --> drüben im unterforum "buchvorstellungen" gibts schon ein paar buchtipps zum thema schreibtipps.
    (früher mochte ich solche ratgeber nicht haben, aber inzwischen - naja, frau wird mit dem alter glücklicherweise nicht blöder, jedenfalls vorerst nicht. *g* )


    Zitat

    Original von Andreas
    Übrigens finde ich, was diese Fragen angeht, das neue Forum eine unbestreitbare Verbesserung.


    finde ich auch.

    Frau: "Warum müssen Frauen immer still sein?"
    Mann: "Weil sie dann länger schön bleiben."
    (Der Hexer, 1964)

  • Hallo, Andreas.


    Nunwohl, eigentlich beantwortest Du die Frage selbst. Du mußt Dir eben vorher Gedanken über Logik, Entwicklung, Setting und Plot machen. Zum Beispiel, indem Du einfach 8) festsetzt, daß es fünfzehn Kapitel geben wird, und für jedes Kapitel in zwei, drei Sätzen skizzierst, was Du willst, das darin geschehen wird ("Kapitel 7. Gerda trifft Horst, gleichzeitig erfährt sie von Maria, daß Walter nicht Horsts Kind ist. Siegfried und Reu fahren in den Urlaub.") Was wiederum nicht bedeutet, daß dieser Entwurf zum Dogma werden muß. Aber es ist einfach so: Je mehr Gedanken man sich vorher über eine Geschichte macht, umso flüssiger und besser wird sie. Es hilft auch sehr, mit vertrauenswürdigen Autorenkollegen Rücksprache zu halten und die Entwürfe gegenlesen zu lassen.


    Zitat

    Übrigens finde ich, was diese Fragen angeht, das neue Forum eine unbestreitbare Verbesserung.


    Ja, das stimmt. Unter anderem. :)

  • Hallo Andreas,


    Tom hat recht: Struktur, eine Liste mit allen Szenen und ein, zwei Sätze (nicht mehr!) was dort passiert. Funktioniert auch, wenn du schon viel geschrieben hast, weil du dann siehst, wo du was tun musst und wo es weitergehen könnte. Lohnt sich manchmal auch unter dem Stichwort OFF zu notieren, was hinter den kulissen passiert, also im Text nicht vorkommt.


    Mit dieser Liste kannst du dann arbeiten und behältst den Überblick, wichtig, wenn dein Projekt mal über die ersten zwanzig Seiten hinausgekommen ist.


    Noch wichtiger sind vielleicht Biografien deiner Figuren. Wer ist der Protagonist, wer der Antagonist, was für eine Geschichte haben sie, was *wollen* sie (ganz wichtig, weil daraus viel von der Handlung folgt!). Die meisten Texte, die ich ich kriege (meine eigenen nicht ausgenommen) haben genau an diesem Punkt massive Probleme.


    Denk dran, du musst mehr, viel mehr über deine Figuren wissen, als im Text steht.


    Ausführlicher habe ich das ganze mal in tempest Artikeln (http://www.autorenforum.de) beschrieben, die Artikel ("Protagonist" und "Twists") findest du hier:
    http://www.textkraft.de/pageID_765971.html


    Hans Peter

  • Das ist m. E. ein schwieriges Thema, das, wie beim faulen Fisch, immer wieder durch kommt. Die Fraktionen der Bauch- und Kopfschreiber sind da schon immer sehr geteilter Meinung gewesen. Fakt ist allerdings, das von den „erfolgreichen“ Autoren einige aus dem Bauch heraus schreiben, während andere ihr Werk minutiös durch planen. Der Großteil der oben genannten Gruppe arbeitet sicherlich mit beidem.
    Eine klare Aussage, was nun eigentlich besser ist, ist demnach gar nicht möglich. Einer Sache kannst Du die jedoch gewiss sein: die Wahrscheinlichkeit, dass Du mit einer Symbiose aus Kopf- und Bauchschreiberei zum Ziel kommst, ist sehr viel höher.
    Solltest Du außer der einschlägigen Literatur noch Tipps benötigen, kann ich dir die HP von Andreas Eschbach empfehlen, der seine Meinung zu solchen Fragen nicht hinterm Berg hält. ;) Der hat meist eine einleuchtende Antwort auf derlei Fragen. :braue
    Andreas Eschbach

  • ts, ts, Tom, was muss ich da in deinem Text lesen:


    "Aber bitte von Tolkien selbst, was aufgrund der Umstände eher unwahrscheinlich ist, und nicht von Klaus Kunze aus Krefeld. Kein Mensch will diesen Scheiß lesen ..."


    Tja, schön wär's. Sehr schön wär's. Aber es hat nicht sollen sein. Klaus Kunze aus Krefeld und so manch anderer haben richtig Geld gemacht mit Herr der Ringe Klone. Manche Leute fürchten eben nicht mehr, als das irgendetwas passieren könnte, das sie nicht schon 100 mal gelesen hätten.


    Der Krieg der Zwerge und wie all diese Epigonen heißen, bringen unglaubliche Auflagen. Leider.


    weinende Grüße


    Hans Peter


    PS: Trotzdem sind deine Schreibtipps toll. Für den Krieg der Zwerge etc. kannst du ja nichts. Oder ist dein Pseudonym etwa ? (doch gut, dass ich diese Pistole behalten habe. Wer weiß ...)

  • Zitat

    Original von hpr
    ts, ts, Tom, was muss ich da in deinem Text lesen:
    "Aber bitte von Tolkien selbst, was aufgrund der Umstände eher unwahrscheinlich ist, und nicht von Klaus Kunze aus Krefeld. Kein Mensch will diesen Scheiß lesen ..."


    Da muß ich auch einhaken -- denn auch ich stamme aus Krefeld! Wer wagt es da, meine Geburtsstadt zu verunglimpfen? :wut


    =)

  • Ich bin tatsächlich der Andreas der im Moment einen BT in der Liste am Laufen hat, Berit. Lesen, rezensieren!
    Eure Schreibtips gehe ich jetzt erst mal in Ruhe durch!


    auf eine gedeihliche Zusammenarbeit


    Andreas

  • Hallo, Andreas.


    Zitat

    Ich bin tatsächlich der Andreas der im Moment einen BT in der Liste am Laufen hat


    Dann hast Du Dein Problem mit dem Eingangsposting dieses Threads ziemlich gut umschrieben. Deinem Text ist stark anzumerken, daß er sich offensichtlich während des Schreibens entwickelt hat. Näheres in meiner jüngsten Mail, noch in der Liste. :)

  • Hallo, Andreas!


    Um noch mal aufs Thema zurückzukommen:

    Zitat

    Original von Andreas
    Phantasie haben ist ja schön, nur ich muss die Storys halt auch in die richtige Form bringen.


    Es gibt vermtulich ebenso viele Methoden, eine Geschichte zu trimmen, wie es Autoren gibt. Du wirst wie jeder von uns deinen eigenen Weg finden müssen, und das geht nur durch Probieren, also: »Versuch macht kluch!« oder neudeutsch »Try & Error«.


    Wichtig ist, daß ein Autor eigentlich (!) alles über die Welt, in der seine Geschichte spielt, und deren Bewohner wissen sollte -- andererseits weiß ich von Autoren, die sich in dieser Hinsicht überraschen lassen und es trotzdem meistern. Da muß irgendeine unbewußt arbeitende Kontrollinstanz am Werk sein, damit das funktioniert. Im Idealfall ist ein Autor so weit in seiner Routine, daß sich solche Kontrollinstanzen verselbständigt haben.


    Ich selbst werde immer wieder von meinen Figuren überrascht. Sie haben die Eigenart, wie ungebetene Gäste aufzutauchen und keine Ruhe zu geben. Also setze ich mich mit ihnen an einen imaginären Kaffeetisch und höre ihnen eine Weile zu. Erscheint mir ihre Geschichte interessant, wird sie vermerkt und der Gast in ein imaginäres Kämmerchen einquartiert. Und jedesmal, wenn ich Zeit und Interesse habe, setze ich mich mit ihr oder ihm zusammen und wir feilen daran, wie wir seine Geschichte in etwas Lesenswertes verwandeln.


    Diejenigen, deren Geschichte mir nicht interessant erscheint, werden höflich, aber bestimmt hinauskomplimentiert.
    Allerdings scheint das keine sehr wirkungsvolle Methode zu sein, denn sie kommen trotzdem immer wieder, trommeln sogar notfalls mit den Fäusten an die Tür, klingeln sturm, kurz und gut: geben keine Ruhe, bis ich ihnen noch eine Chance gebe.


    Es kommt vor, daß sich Figuren nachdrücklich meinen Plänen widersetzen. Daß sie geradezu mit dem Fuß aufstampfen, sich nicht wegschicken lassen, gehört werden wollen. Ihre Argumente sind nicht unbedingt die schlechtesten -- im Gegenteil: Einige Ideen, die sich später bei den Lesern als echte Knüller herausstellten, entstammen solchen Situationen, in denen ich meine ursprünglichen Pläne an das Wollen der Figur anpaßte.
    Das klingt irre? :irre


    Vermutlich ist das sogar irre ...


    Es ist ja auch nicht so, daß die Figuren Fremdkörper seien; letztendlich sind sie "meine" Geschöpfe. Aber sie haben ein Eigenleben, daß sich abseits meiner bewußten Kontrolle entwickelt -- und dort inzwischen auch weit besser und stimmiger entwickelt, als wenn ich mit Schablonen arbeitete.
    Wobei ich allerdings vermute, daß das zeitweilige Arbeiten mit Schablonen und Tabellen etc. mich erst so weit gebracht hat, daß ich Figuren in ihrer Entwicklung "sich selbst", also meinem Unterbewußtsein überlassen kann.
    Offenbar ist es wie beim Laufenlernen oder beim Lesenlernen: zuerst muß man jede einzelne Bewegung, jeden einzelnen Schritt bewußt und aufmerksam machen; aber zunehmend verselbständigt sich das alles, so daß man whrend des Laufens auch reden kann, ohne sich ständig auf seine Bewegungen konzentrieren zu müssen, bzw. das Geschriebene auch versteht, ohne mühsam die einzelnen Buchstaben entziffern und zu Wörtern und Sätzen kombinieren zu müssen.


    Auf die oben beschriebene Weise spiele ich sogar ganze Szenen durch. Unsere Nachbarn halten mich vermutlich für bescheuert, wenn sie Zeugen meiner Wanderungen durchs Wohnzimmer werden und mich scheinbar deklamieren sehen. Aber was soll 's! Es funktioniert, und was meine Nachbarn von mir denken, ist mir seitdem Tag egal, als eine reizende ältere Dame aus der Nachbarschaft mit einem meiner Bücher an der Tür stand und mich um eine Widmung bat. :bitte

  • Äh, Tom, das Dumme ist: Meine Texte entwickeln sich immer während des Schreibens. Und zwar so, dass ich mir angewöhnt habe, vom Schluss aus wieder rückwärts zum Anfang zu schreiben und alles anzupassen. Wird sich das jemals ändern? :rolleyes Ich glaube nicht.


    Gruß ...


    Jo

  • Zitat

    Original von jessiter
    Äh, Tom, das Dumme ist: Meine Texte entwickeln sich immer während des Schreibens. Und zwar so, dass ich mir angewöhnt habe, vom Schluss aus wieder rückwärts zum Anfang zu schreiben und alles anzupassen. Wird sich das jemals ändern? :rolleyes Ich glaube nicht.


    Gruß ...


    Jo


    Trotzdem kannst du strukturieren. Schreib zum Beispiel für jede Szene eine Karteikarte und schieb die auf dem Tisch (oder auf dem Boden, bei größeren Werken) hin und her bis du eine Reihenfolge hast. Nötigenfalls weitere Karteikarten als Zwischenszenen (müssen noch geschreiben werden) einfügen.


    Auf jeden Fall kriegst du, wenn du das lange genug machst, ein besseres Gefühl für Plotten und Struktur.


    Juli Zeh hat so zB Adler und Engel geschrieben.


    Oder - Achtung: Jetzt werde ich gemein! - nimm mal all deine bisherigen Texte, und mach für die die Übung: Wie bekomme ich eine Struktur hinein? Auch wenn du die Texte danach wieder weglegst.


    Auch Plotten und Struktur ist eine Sache der Übung.


    Hans Peter

  • Zitat

    Original von hpr
    Auch Plotten und Struktur ist eine Sache der Übung.


    Wobei auch ein Hochleistungssportler irgendwann das Üben entweder auf höhere Schwierigkeitsgrade überträgt oder in einigen Bereichen auch bleiben läßt, weil es sich eben schon verselbständigt hat.


    M.A.W. Ich habe es erlebt, daß Autoren ihre Romane kaputtgeplottet und nie geschrieben haben. :zwinker

  • Zitat

    Original von Iris


    Wobei auch ein Hochleistungssportler irgendwann das Üben entweder auf höhere Schwierigkeitsgrade überträgt oder in einigen Bereichen auch bleiben läßt, weil es sich eben schon verselbständigt hat.


    M.A.W. Ich habe es erlebt, daß Autoren ihre Romane kaputtgeplottet und nie geschrieben haben. :zwinker


    Na, dieses Problem sehe ich bei Andreas im Moment nicht ;-).


    Hans Peter

  • Hm ... ich hab das noch nie ausprobiert, mit Karteikarten und so. Bei meinem ersten Roman hab ich mal Zettel gemacht, aber erst nachdem die Story beinahe stand, zur Fehlersuche und für Feinheiten. Ansonsten arbeite ich komplett ohne. Schreib mir nur manchmal auf Zettel auf, wie es nun ungefähr weitergeht und wie alles ungefähr sein sollte.


    Aber das mit den Karteikarten ist eine ziemlich gute Idee, ich probiers mal.


    Gruß ...


    Jo